Was ist ein erfülltes Leben?
Klaus Straßburg | 25/04/2024
Was heißt es eigentlich, zu leben? Oder anders gefragt: Wann lebt ein Mensch?
Die naheliegende Antwort ist: Ein Mensch lebt, wenn sein Gehirn mit Sauerstoff versorgt wird. Oder einfacher gesagt: Ein Mensch lebt, wenn die wesentlichen Abläufe seines Organismus funktionieren.
Doch wir würden wohl alle sagen: Das ist ein sehr eingeschränktes Verständnis des Lebens. Das ist irgendwie zu wenig. Wir sind doch mehr als geordnet ablaufende Körperfunktionen. Es geht nicht nur um physisches Funktionieren, denn dann wären wir nur so etwas wie eine organische Maschine. Leben ist mehr als ein Funktionieren der Organe, nämlich ein erfülltes Leben – ein Leben, das Leben genannt zu werden verdient.
Darum hat Wolf Biermann gedichtet:
Das kann doch nicht alles gewesen sein,
das bisschen Sonntag und Kinderschrein,
das muss doch noch irgendwo hingehn!
Das kann doch nicht alles gewesen sein,
da muss doch noch irgendwas kommen! Nein,
da muss doch noch Leben ins Leben.
Wann aber führen wir solch ein Leben, das ich ein erfülltes Leben nenne? Darauf sucht jeder Mensch eine Antwort; denn jeder Mensch möchte nicht nur dahinvegetieren, sondern erfüllt leben.
Ein Leben ist dann erfüllt, wenn ein Mensch umden Grund und das Ziel seines Lebens weiß
Und was ist ein erfülltes Leben in christlicher Sicht? Wann ist ein Leben erfüllt?
Die kurze Antwort ist: Ein Leben ist dann erfüllt, wenn ein Mensch um den Grund und das Ziel seines Lebens weiß. Man könnte auch sagen: wenn er eine Beziehung zu Gott hat. Eine solche Beziehung zeigt sich in drei Dingen: im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe.
Der Glaube ist das Vertrauen zu Gott, der wie eine liebevolle Mutter und ein sorgender Vater in einer Person ist (Jes 66,13; Mt 6,8). Eine Mutter und ein Vater, bei denen man sich geborgen fühlen kann. Ein erfülltes Leben ist also ein Leben, mit dem man nicht ständig hadert und unzufrieden ist, sondern in dem man sich geborgen fühlt.
Die Hoffnung ist die Erwartung, dass diese Mutter und dieser Vater, diese Macht, die wir "Gott" nennen, letztlich alles zum Guten wenden wird, auch wenn man schwere Zeiten durchmachen muss (Röm 8,28). Ein erfülltes Leben ist also ein Leben, das voller guter Erwartungen in die Zukunft blickt.
Die Liebe besteht darin, dass man für die anderen Menschen und für alle Kreaturen lebt. Das bedeutet, dass man nicht nur für sich selber lebt, sondern genauso für andere. Liebe ist Lebenshingabe an andere. Im Extremfall kann das heißen, dass man sein leibliches Leben für andere hingibt – und gerade so ein erfülltes Leben hat (Mk 8,34f). Ein erfülltes Leben ist also ein Leben, in dem man nicht einfach für sich selber lebt – das führt in die Einsamkeit –, sondern ein Leben, in dem man sein eigenes Leben mit dem Leben der anderen Kreaturen teilt.
Wir leben nicht immer ein erfülltes Leben. Manchmal hadern wir mit unserem Leben, manchmal schwindet uns jede Hoffnung, manchmal sind wir auch nicht in der Lage zu lieben. Aber Christinnen und Christen streben doch immer nach einem Leben, das erfüllt ist in dem Sinne, wie ich es beschrieben habe.
Wir können dieses erfüllte Leben nicht "produzieren". Denn Gott selbst ist das Fundament von Glaube, Hoffnung und Liebe. Das heißt: Wenn Gott in uns wirkt, leben wir anders als ohne diese Wirksamkeit. Darum schrieb Paulus (Gal 2,20):
Ich lebe; doch nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir.
Was aber wirkt Gott in mir, wenn Christus in mir lebt?
Ohne Liebe gibt es kein erfülltes Leben,sondern nur ein mit sich selbst angefülltes
Gott wirkt nicht in allen dasselbe. Schon das Neue Testament kennt ganz unterschiedliche Gaben Gottes (z.B. 1Kor 12,8-11; Eph 4,11). Jeder Mensch hat Stärken und Schwächen. In manchen Menschen wirkt Gott vor allem einen tiefen Glauben, in anderen eine große Zukunftshoffnung und in wieder anderen eine echte Liebe zu allen Mitgeschöpfen. Etwas von alldem wirkt Gott aber wohl in jedem Christen und jeder Christin.
Doch Gott wirkt auch in nichtchristlichen Menschen. Gott kann auch einem nichtchristlichen Menschen das tiefe Vertrauen zu einer göttlichen Macht schenken, also etwas, was dem christlichen Glauben nahekommt. Wenn ein Mensch auf eine göttliche Macht vertraut und von ihr Gnade und Zukunft erhofft, dann kann es sein, dass er sich geborgen fühlt wie ein Christ. Er führt vielleicht nicht Jesus Christus im Mund – aber wollen wir ihm deshalb absprechen, dass Gott in ihm wirkt? Wollen wir ihm das Vertrauen zu Gott und die Geborgenheit in ihm absprechen?
Ebenso kann Gott nichtchristlichen Menschen Hoffnung schenken bis dahin, dass sie die Kraft haben, schwierigste Situationen durchzustehen. Wer echte Hoffnung hat, lässt sich diese auch durch den Tod nicht nehmen. Wer hingegen keine Hoffnung hat, lebt nur auf den Tod zu. Darum schrieb Paulus (1Kor 15,19):
Wenn wir nur in diesem Leben auf Christus gehofft haben, sind wir bemitleidenswerter als alle anderen Menschen.
Die Hoffnung greift darum immer über den Tod hinaus. Und wir sollten niemandem die Hoffnung absprechen, wenn er tatsächlich getrost dem Tod entgegengeht (und nicht nur den Tod verharmlost, also nicht ernst nimmt). Denn diese Hoffnung könnte Christus in ihm wirken.
Und schließlich kann Gott auch nichtchristlichen Menschen echte Liebe schenken bis dahin, dass sie ihr Leben für andere hingeben, wie Jesus Christus es auch getan hat. Christus mit seiner Liebe lebt dann in ihnen – auch wenn sie davon gar nichts wissen. Wollen wir ihnen echte Liebe absprechen, weil sie nicht wissen, woher sie kommt?
Die Liebe ist das Dasein für andere. Ohne diese Liebe gibt es kein erfülltes Leben, sondern nur ein mit sich selbst angefülltes. Auch der Glaube ist ohne diese Liebe tot, weil es keinen Glauben ohne Liebe gibt. Darum schrieb Jakobus (Jak 2,17):
Der Glaube ist, wenn er keine Taten hat, nach Maßgabe seiner selbst tot.
Auch wenn Menschen nicht um Jesus Christus wissen, können sie also von ihm reich beschenkt werden und ein erfülltes Leben führen.
Stellen wir uns zum Beispiel einen gläubigen Muslim vor. Er nennt Gott Allah und vertraut sein Leben ihm an. Er weiß sich in seiner Hand gut aufgehoben. Er weiß, dass er selbst ein Sünder ist und von der Barmherzigkeit Allahs lebt. Er fühlt sich in seinem Glauben geborgen. Er hofft auf ein Leben nach dem Tod, und er versucht nach Kräften, seinen Mitmenschen in Liebe zu begegnen. Jesus ist ihm der größte Prophet nach Mohammed. Darum sind ihm Christen nicht fremd, sondern er achtet sie als Anhänger einer monotheistischen Religion, auch wenn er ihre Vorstellung eines dreieinigen Gottes nicht versteht. Sie sind ihm jedenfalls keine Ungläubigen. Er liest regelmäßig im Koran und versucht, seine Lehren zu beherzigen. Er betet fünfmal täglich – nicht, um sich bei Allah beliebt zu machen, sondern um ihn zu ehren. Von islamistischem Terror hält er nichts; es ist ihm ein Gräuel. Er lehnt jeden Terror ab und verurteilt Hass und Krieg. Er glaubt, dass nach dem Tod alle Gläubigen zum ewigen Leben auferweckt werden.
Können wir es ausschließen, dass dieser Muslim durch Jesus Christus zum Vater kommt (Joh 14,6) und dass er Jesus Christus sogar näher sein kann als mancher, der den Namen Jesu oft im Munde führt?
Ein Mensch soll wissen, woher er kommt,wohin er geht und wovon er lebt
Man könnte nun meinen: Dann ist es ja egal, ob man an Jesus Christus glaubt oder nicht.
Aber dem ist nicht so. Denn der christliche Glaube will sich immer seiner selbst bewusst sein. Ein Mensch soll wissen, woher er kommt, wohin er geht und wovon er lebt. Er soll wissen, wer ihn beschenkt und wem er Dank schuldet. Und er soll sich zu diesem Herrn bekennen und ihn mit seinem Leben öffentlich bezeugen. Darum sollen wir das Wissen um Jesus Christus niemandem vorenthalten.
Wann also lebt ein Mensch ein erfülltes Leben?
Ein Mensch lebt dann ein erfülltes Leben, wenn er Gott vertraut und sein Leben auf ihn gründet statt auf sich selbst. Er lebt ein erfülltes Leben, wenn er auf Gott hofft, auch wenn es weltlich gesehen nichts mehr zu hoffen gibt. Er lebt ein erfülltes Leben, wenn er sein Leben für andere hingibt, und zwar im Extremfall auch für seine Feinde (Mt 5,43-48).
Und die Lebensfülle ist dann vollkommen, wenn ein Mensch um den weiß, der in ihm Glauben, Hoffnung und Liebe wirkt. Wenn er Jesus Christus ehrt und ihn mit Worten und Taten bekennt und bezeugt. Das jedoch ist nur dem möglich, der den Namen seines Herrn kennt. Darum soll jeder Mensch wissen, wer ihm ein erfülltes Leben schenkt.
* * * * *
Foto: Albrecht Fietz auf Pixabay.
Im Verlauf der Jahre erkannte ich, dass ich in den Kinder meinen Lebenssinn fand - im Alter zwischen 25 und 40. Der Verlust im 32. Lebensjahr, kurz nachdem ich Christus fand – genauer das Finden war die Ursache des Selbstwertes, sagt mir mein Rückblick irgendwann zwischen dem 40. Und 50. Lebensjahr. Ohne Christus wäre psychisch degradiert. Mein Partner beherrschte eine entsprechende Taktik. Die zu beschreiben führt zu weit.
Der Mensch, der ich heute bin den baute Christus auf.