Warum es sich lohnt, die Anleitung für's Leben zu lesen
Klaus Straßburg | 18/04/2023
Heute habe ich eine traurige Nachricht für euch: Mein Drucker hat den Geist aufgegeben. Nach etwa 15 Jahren inniger Zusammenarbeit sind wir nun für immer geschieden. Nach viel Mühe, sein Leben zu retten, nach etlichen vergeblichen Versuchen, ihn wiederzubeleben, nach ein paar verzweifelten druckerlosen Tagen nach und einer sich nach und nach einstellenden Trauer konnte ich nicht umhin, den alten Drucker auszumustern und mir einen neuen zu kaufen. Er ist in einem großen Paket angekommen.
Nein, es war ein Riesenpaket. Ein schockierend riesiges Paket. Weil ich nicht glauben wollte, dass mein neuer Drucker diese Ausmaße hat, nahm ich an, dass das Paket mit unendlich viel Füllmaterial gefüllt sein musste. Ich öffnete also vorsichtig den riesigen Karton. Man weiß ja nie, ob man das Gerät zurückschicken muss. Also ganz vorsichtig ...
Im riesigen Karton befand sich ein zweiter Karton, der bunt bedruckt war. Füllmaterial fand ich nicht. Der zweite Karton konnte im ersten herumrutschen. Nanana, dachte ich – wenn das nichts Böses bedeutet ...
Ich nahm den zweiten Karton aus dem ersten heraus und schnitt noch vorsichtiger als beim ersten mit einem Cuttermesser die Verklebung auf. Jetzt war es ja der Originalkarton mit dem Drucker drin. Gespannt öffnete ich den gefalteten Kartondeckel – und es schlugen mir als Erstes folgende auf dem Karton aufgedruckte Zeilen entgegen:
Wichtig: Lesen Sie vor der Verwendung dieses Produkts unbedingt die Anweisungen in der Benutzerdokumentation und befolgen Sie diese.
Das überraschte mich. Ich hatte den Drucker noch gar nicht herausgenommen, da wurde ich schon zur Folgsamkeit gerufen!
Ja, ich weiß, dass man das Benutzerhandbuch lesen sollte, um keinen Fehler zu machen und dem Produkt womöglich einen Schaden zuzufügen. Nach dem Herausnehmen des Druckers, der zwischen Styropor-Füllmaterial eingeklemmt und erstaunlich klein war im Vergleich zum riesigen Paket, las ich artig alles nach, was ich wissen musste, um den Drucker ordnungsgemäß aufzustellen, anzuschließen und die Tintenpatronen einzusetzen.
So weit, so gut. Nächste Aufgabe: Einrichten des Druckers und Herunterladen der Software. Das finde ich immer etwas aufregend, der Blutdruck steigt, weil man nie weiß, ob alles funktioniert. Wird es die richtige Software sein? Wird sie sich problemlos auf meinem PC installieren? Muss ich mit ätzenden Fehlermeldungen rechnen?
Natürlich gab es bei all diesen Arbeitsgängen dieses und jenes zu beachten: Machen Sie zuerst dies und dann das! Jenes können Sie jetzt oder auch später machen. Seien Sie vorsichtig beim diesem! Aber vermeiden Sie auf jeden Fall jenes!
Schon beim ersten Aufruf zum Gehorsam auf dem Karton und dann auch bei allen späteren Geboten und Verboten musste ich an die Gebote und Verbote der Bibel denken. Benutzerhandbücher für technische Geräte nehmen wir meistens ernst. Bei den biblischen Weisungen, sozusagen dem Benutzerhandbuch fürs Leben, ist das anders. Dabei könnte man doch mit Recht sagen:
Wichtig: Lesen Sie vor der Verwendung des Lebens unbedingt die Anweisungen in der Benutzerdokumentation und befolgen Sie diese.
Wenn es um ein technisches Gerät geht, werden wir wahrscheinlich einsehen, dass es sinnvoll ist, sich mit dem Gerät vertraut zu machen und die Bedienungsanleitung zu lesen. Das sollten wir erst recht tun, wenn es um die Anleitung für ein gutes Leben geht.
Aber wir tun es nicht. Oder zu wenig. Wir stürzen uns sozusagen ins Leben, ohne uns schlau gemacht zu haben, was zu tun ist, damit das Leben gelingt. Wir machen uns unsere eigene Anleitung. Ob das wohl gut geht?
Nach allem, was man so mitbekommt: nicht wirklich ... Dabei wäre es doch gar nicht so schwer, sich ein wenig über die Handhabung des Lebens zu informieren. Aber wir meinen, wir hätten das nicht nötig; wir wüssten schon, wie's geht.
Ich weiß, dass es Menschen gibt, die keine Bedienungsanleitungen für technische Geräte lesen – oder nur sehr sporadisch. Sie wissen ja im Prinzip, wie das Gerät funktioniert. Das geht in den meisten Fällen gut. Es kann aber auch mal ins Auge gehen. Dann ist der Schaden und das Gejammer groß.
Ich gebe zu, dass es kein Vergnügen ist, Anleitungen zu lesen. Die meines Druckers war auch kein Vergnügen. Aber um eines größeren Schadens willen habe ich's getan. Immerhin wollen mich die Verfasser der Anleitung doch vor Schaden bewahren. Und ehrlich gesagt: Ohne Anleitung hätte ich den Drucker auch gar nicht zum Drucken bekommen. Ich musste mir also schon etwas Mühe geben.
Der Erfinder der Anleitung für's Leben, der Schöpfer des Lebens höchstpersönlich, will uns auch vor Schaden bewahren. Er will keine folgsamen Sklaven, sondern verantwortlich handelnde Menschen. Er fordert keinen blinden Gehorsam von uns, sondern einfach nur den Wunsch, uns selbst und anderen Kreaturen keinen Schaden zuzufügen.
Vielleicht meinen wir ja, es würde schon ausreichen, die Kurzanleitung der 10 Gebote ungefähr zu kennen. Die hat man ja im Konfirmandenunterricht gelernt – mehr oder weniger. Das Problem ist nur: Mit den 10 Geboten allein kommen wir nicht sehr weit. Der kleine Zettel im Druckerpaket, der oben auf dem Drucker lag und die schöne Überschrift "Start here" trug mit ein paar netten Bildchen drauf – der brachte mich auch nicht weit. Nach dem "Start here" ging's nämlich erst richtig los.
So ein Drucker ist schon ein kompliziertes Produkt. Das Leben ist tausendfach komplizierter. Es ist zu kompliziert, um es auf 10 Sätze zu reduzieren. Man kann zwar mit den 10 Geboten starten. Mehr als ein Start ist es aber nicht. Es bedarf erweiterter Kenntnisse. Im Grunde bedarf es umfassender Kenntnisse darüber, was der Schöpfer mit der Welt und unserem Leben eigentlich will – was eigentlich Zweck und Ziel unseres Lebens ist. Der tiefe Sinn der 10 Gebote erschließt sich also nur dem, der über umfangreichere Kenntnisse verfügt.
Das Benutzerhandbuch Bibel ist auch kein Nachschlagewerk für alle Lebenslagen. "Du hast ein bestimmtes Problem? Lies Seite 43!" So läuft es nicht. Zur KI findet sich nichts in der Bibel. Zum Internet auch nicht. Oder vielleicht doch? Ja, aber dann nur, wenn wir die Linien anderer Fragestellungen, die in der Bibel vorkommen, zur KI und zum Internet hin zu verlängern versuchen. Dazu aber bedarf es erweiterter Kenntnisse.
Diese Kenntnisse sind zwar nicht im Handumdrehen zu erlangen, aber sie sind enorm bereichernd. Darum lohnt es sich, dafür etwas zu tun. Es lohnt sich weit mehr als bei einem technischen Gerät. Denn das ist ersetzbar – ein Mensch oder ein anderes Lebewesen oder gar die ganze Schöpfung aber nicht. All das können wir nicht nachkaufen, und es wird uns auch nicht in einem Riesenpaket ins Haus geliefert.
Apropos Riesenpaket: Nach etwa eineinhalb Stunden (oder waren es zwei? ... oder gar zweieinhalb?) – also nach viel zu langer Zeit hatte ich meinen Drucker ausgepackt und in die Lage versetzt, den Sinn seiner Existenz zu erfüllen. Er druckte, wie es seine Bestimmung war. Alles, was er kann, habe ich noch nicht eingerichtet. Ich muss ihn noch besser kennenlernen. Aber erste farbenfrohe Seiten wurden gedruckt. Ich freute mich, es geschafft zu haben. Meine Druckerwelt war wieder in Ordnung.
Auch unsere Lebenswelt kann in Ordnung kommen. Sie ist es nämlich nicht wirklich. Es hakt hier und da. Manches will einfach nicht funktionieren, wie wir es uns wünschen – vor allem unsere lieben Mitmenschen nicht. Es droht sogar ein lebensfeindliches Chaos.
Wir sind aber nicht dazu bestimmt, in einer lebensfeindlichen, chaotischen, traurig machenden Welt zu leben, einer Welt, die nicht im Sinne des Schöpfers funktioniert.
Darum dient es unserer eigenen Freude und verhindert Schaden, wenn wir uns mit dem Schöpfer der Welt und des Lebens beschäftigen – und mit seinen Weisungen für ein gutes Leben. Wir müssen nicht alles sofort verstehen, sondern werden nach und nach dazulernen. Und wir werden Anleitungen finden, wie wir das Leben und unser Miteinander so gestalten können, dass es ein farbenfrohes und Freude machendes Leben für alle wird. Denn dazu sind wir bestimmt!
* * * * *
Foto: Markus Winkler auf Pixabay.
klar kann man den Perspektive auf den Schaden lenken. Das ist zwar ein sehr wichtiger Aspekt, aber vielleicht geht es ja auch um (Kunden-)Zufriedenheit. Eine positive Erfahrung "vermarket" sich als Erfahrung bekanntlich besser ... und das gilt für alle Hersteller, seien sie göttlich oder menschlich :-)
da hast du sicher recht: Zufriedenheit ist ein wichtiger Aspekt, außerdem die Freude am "Produkt". Wenn Schaden entsteht, mindert das ja auch die Zufriedenheit und raubt einem die Freude am "Produkt". Beides gehört also zusammen: Wenn kein Schaden entsteht, ist man zufrieden.
Was mir noch durch deine Ergänzung einfällt: Es geht doch wohl auch um so etwas wie die "Zufriedenheit" Gottes (menschlich gesprochen), der Geschöpfe haben möchte, die dankbar für die Anleitungen sind, die er uns gegeben hat, und die deshalb in einer guten Beziehung zu ihm leben. Das müsste man noch ergänzen. Wir denken oft viel zu sehr von unserer Perspektive her ...
Ich stelle mich da eher so einen mehrseitigen Bauplan für ein Möbelstück vor, mit Explosionszeichnungen, Teilebeschreibungen, usw. :-) da ist die Zufriedenheit und der Frieden schnell weg, wenn man zu viel versucht, dann sogar öfter falsch versucht, ringt und kämpft, diskutiert, naja beschädigt, ... die Zeit vergebt, der Schweiß seine Poren sucht, die Energie schwindet und die negativen Emotionen sich wie ein Hefeteig ausbreiten - alles durch die eigene Unvernunft und Ungeduld oder unnötige Selbstüberschätzung :-)
stimmt, dann hat man sich selbst eine Menge Unfrieden und Unzufriedenheit geschaffen, obwohl das absolut nicht notwendig gewesen wäre, hätte man sich an die Anleitung gehalten.
Andererseits: Weil die Anleitung nicht alle Fragen für jede Lebenslage eindeutig beantwortet oder auch jeder Einzelne die Antworten nicht immer sofort erkennt, muss man auch nachfragen, diskutieren, um Antworten ringen, die Anleitung gemeinsam studieren etc. Unvernunft und Selbstüberschätzung gibt es auf zwei Seiten: bei denen, die meinen, die Anleitung nicht zu brauchen, und bei denen, die meinen, sie wüssten sowieso schon immer, wie die Anleitung gemeint ist 😕😅.