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Von Gott keine Spur?

Christsein verstehen

P l a u d e r e i   a u f ' m   S o f a
Von Gott keine Spur?
Klaus Straßburg | 12/03/2021

Hallo, komm rein, schön, dass du da bist! Setz dich, mach es dir richtig bequem auf meinem Sofa!

Oh, du siehst aber heute nicht so gut aus. Was ist los?

Ah, die Pandemie macht dir zu schaffen. Ja, das kann ich gut verstehen. Mir geht es auch so. Ich hab echt die Nase voll: kaum Leute treffen, nicht ins Café gehen, ausgestorbene Fußgängerzonen – wie lange soll das denn noch so weitergehen?

Gut, dass wir wenigstens zusammen sein können. Mit relativ großem Abstand natürlich, aber immerhin. Komm, genehmige dir doch erstmal einen Schluck Tee, dann sieht die Welt vielleicht schon anders aus. Ja, und streichle ruhig die Katze. Ah, sie schnurrt schon ...

Lass uns einfach munter drauflos plaudern – ganz locker, wie uns der Schnabel gewachsen ist.

Wir wollten ja heute darüber reden, wie schwer das manchmal für uns ist, dass wir von Gott oft so gar nichts spüren. Da kann man echt Zweifel bekommen in seinem Glauben.

Wir würden ja so gern Gottes Macht deutlich spüren: sein Wirken in der Welt und dass er etwas zum Guten hin verändert. Oder dass wir ihn wenigstens irgendwie in uns fühlen – dass er da ist, in uns. Aber da gibt es so wenig vorzuzeigen: keine Wunder, keine Veränderungen zum Guten hin, keine guten Gefühle in uns. Ja, es geschieht schon auch Gutes und manchmal haben wir gute Gefühle. Aber es gibt doch überhaupt keine Belege dafür, dass Gott dabei seine Hand im Spiel hatte.

Heute braucht man doch für alles Belege – also einen Nachweis, schwarz auf weiß mit Unterschrift. Das hätten wir gern auch mal im Glauben: dass uns jemand ein Papier vorlegt, auf dem steht, dass Gott an einem bestimmten Ort das und das getan hat. Ohne Zweifel, denn alle haben es gesehen. Mit Datum und Unterschrift.

Aber so ein Papier bekommen wir nicht.

Was bekommen wir stattdessen? Die Erfahrung, dass sich hier und da etwas zum Guten ändert. Aber genauso viel ändert sich zum Schlechten. Es passieren schöne Dinge. Aber es wird auch unheimlich gelitten auf der Welt – und von Gott keine Spur. Jedenfalls keine, wofür wir einen Beleg haben. „Wo ist Gott?" fragt man sich da schon mal. Macht er gerade ein ausgedehntes Schläfchen, kümmert sich also nicht um uns? Sind wir ihm gleichgültig? Oder ist er machtlos und kann sich nicht um uns kümmern? Oder müssen wir, wenn wir ehrlich sind, gleich sagen, dass es ihn gar nicht gibt?

Den Gedanken hatten wir ja schon bei unserer letzten Plauderei: Gott soll einerseits allmächtig sein, aber andererseits hängt er machtlos am Kreuz. Wie soll man das beides zusammenkriegen??

Ist er nun ein mächtiger Gott oder ein machtloser? Und wenn er machtlos ist, dann ist er doch eigentlich kein Gott, oder?

Also wir hätten gern einen Beleg dafür, dass Gott etwas tut in der Welt. Aber was für einen Beleg wollen wir eigentlich genau haben? Wollen wir ein Wunder?

Ja schon, aber eins, das uns eindeutig sagt: Hier war Gott am Werk. Das müsste also schon etwas ganz Ungewöhnliches, etwas Spektakuläres sein. Also ein Ereignis, bei dem alle Menschen mit offenem Mund stehen bleiben und staunen und sagen: „Das kann nur Gott getan haben. Es kann gar nicht anders sein."

Am besten wäre es, wenn Gott selbst erscheinen würde und das Wunder vor aller Augen tun würde.

Aber stell dir das mal ganz konkret vor: In deiner Stadt oder in deinem Dorf sitzt auf dem Marktplatz immer ein Bettler, dem ein Bein fehlt. Plötzlich steht mitten auf dem Marktplatz Gott höchstpersönlich und macht den Bettler gesund, das heißt: Er hat auf einmal wieder zwei Beine. Wäre das ein Wunder, wie wir es uns wünschen?

Naja, irgendwie auch nicht. Denn man fragt sich ja schon: Wie sollte Gott denn aussehen? Also, ich meine, wie müsste er aussehen, damit wir davon überzeugt sind, dass es wirklich Gott ist? Ein riesiger alter Mann mit Bart? Oder ein Blitz vom Himmel?

Also da wird es schon komisch, wenn wir uns vorstellen, Gott stände auf einmal in leiblicher Gestalt als Riese vor uns. Das hat etwas von Rübezahl, dem Berggeist aus dem Riesengebirge. Oder von Jim Knopf und Lukas, dem Lokomotivführer, als sie dem Scheinriesen begegneten. Wie hieß er doch gleich? Ach ja, Herr Tur Tur.

Also Gott als Berggeist oder als Herr Tur Tur, das bringt uns irgendwie auch nicht weiter. Und Gott als normal aussehender Mensch, so wie du und ich – also, dem würden wir es nicht abnehmen, dass er Gott ist.

Wie könnte uns Gott denn sonst noch deutlich erscheinen? Vielleicht als ein Blitz vom Himmel, mitten auf dem Marktplatz über dem Bettler. Natürlich ein besonders heller Blitz. Ein Blitz, wie es ihn noch nie gegeben hat. Und was dann? Dann kämen die Physiker und würden alles genau untersuchen und sagen: „Es war schon ein besonderer Blitz. Aber eben nur ein Blitz. So what? Was hat das bitte schön mit Gott zu tun?"

Und alle Menschen würden sagen: „Dass der Bettler jetzt wieder zwei Beine hat – dieser Schelm! Er hat uns die ganze Zeit betrogen und ein Bein versteckt, damit wir ihm mehr Geld geben! Und durch den Blitz hat er so einen Schreck bekommen, dass ihm das zweite Bein nach vorn rutschte. Betrüger! Jagt ihn zum Teufel!"

Okay, so leicht ist es also nicht mit einem Wunder, das ein eindeutiger Beleg für Gottes Wirken sein soll. Kann es so etwas Eindeutiges überhaupt geben? Ich fürchte nicht. Denn wir würden uns immer irgendwelche Erklärungen zurechtlegen, die das ganze ohne Gott erklären.

Gott ist ja auch kein Zauberer, der etwas macht, was für die Zuschauer unerklärlich ist, weil sie den Trick nicht kennen. Sondern Gott wirkt durch Menschen, sozusagen durch die Zuschauer selbst. Oder durch Ereignisse. Das Dumme ist nur, dass die Menschen es meist gar nicht merken, dass Gott gerade in ihrem Leben wirkt. Und warum merken sie es nicht? Weil sie gar nicht mit Gottes Wirken rechnen.

Aber das heißt doch, dass wir eigentlich nur dann Gottes Spuren in unserem Leben entdecken können, wenn wir auch mit ihm rechnen. Wenn wir erwarten, dass er in unserem Leben wirkt.

Stimmt! Die Spuren, an die man nicht glaubt, wird man kaum finden. Ausnahmen gibt es immer, aber die sind ziemlich selten.

Aber wie ist es denn damit, dass ich gern Gottes Nähe fühlen würde? Dass ich gute Gefühle haben möchte, wenn ich an Gott denke oder zu ihm bete?

Naja, gute Gefühle kann man sich auch selbst machen. Manche Menschen können das ziemlich gut: Alles Schlechte ausblenden und nur noch das Gute sehen. Alles durch die rosarote Brille. Dann kommen die guten Gefühle automatisch. Gute Gefühle kann man sogar mit Tabletten oder Drogen produzieren.

Also gute Gefühle sind auch kein Beweis dafür, dass es Gott gibt. Außerdem muss Gott uns ja nicht ständig nah sein. Er kann sich auch mal von uns entfernen. Trotzdem denkt er an uns, und er verlässt uns nicht für immer. Aber wir haben ihn nicht in der Hand. Gott ist kein Gute-Gefühle-Produzent. Das hätten wir vielleicht gern, aber damit würden wir Gott zu einer Art Zauberer machen, der – simsalabim – gute Gefühle in uns hervorzaubert.

Aber wenn es mir schlecht geht und ich zu Gott bete und ihn um Hilfe bitte, und wenn dann nichts geschieht – dann wird es echt schwer mit dem Glauben.

Ich sage mir dann immer: Es stimmt gar nicht, dass nichts geschieht. Es geschieht zwar gerade nicht das, was ich mir gewünscht habe. Aber ich glaube schon, dass Gott mich nicht vergessen hat, sondern dass er am Werk ist und mir hilft – nur anders, als ich es erwartet habe.

Manchmal merkt man ja auch erst viele Jahre später, dass Gott geholfen hat. Dass er uns auf einen guten Weg gestellt hat. Aber, so dumm wie wir sind – wenn wir noch auf dem Weg sind und wenn wir etwas ganz Bestimmtes von Gott erwarten, dann merken wir es nicht.

Da fallen mir diese Kaugummi-Automaten ein, die es früher so viel gab. Man warf eine Münze rein, und dann bekam man sein Kaugummi und, wenn man Glück hatte, noch ein kleines Geschenk dazu. Manchmal haben wir Kinder eigentlich nur wegen des Geschenks die Münze reingeworfen. Und wenn wir dann keins kriegten, waren wir enttäuscht. Oder wenn wir nicht das kriegten, das wir so gern gehabt hätten.

Eigentlich sind Erwachsene auch nur große Kinder: Sie wünschen sich etwas ganz Bestimmtes, und wenn sie das nicht bekommen, dann sind sie enttäuscht. Und dann sagen sie: „Es gibt keinen Gott."

Aber eine wichtige Frage stellt sich schon: Könnte Gott denn nicht einfach alles Leid auf der Welt beseitigen? Das wäre doch echt toll! Und alle wären Gott dankbar dafür!

Naja, aber dann müsste er ja die ganze Welt beseitigen. Denn irgendwie ist das Leid ja mit unserer Welt verbunden. Und vor allem uns Menschen müsste Gott beseitigen, weil wir ja so viel Leid in die Welt bringen. Das wollen wir doch auch wieder nicht, oder?

Aber Gott könnte uns doch alle in den Himmel versetzen. Warum tut er das nicht? Warum hat er überhaupt so eine Welt erschaffen, in der es so viel Leid gibt?

Ja, die Frage nach dem „Warum?" werden wir wohl nicht beantwortet bekommen. Jedenfalls nicht in dieser Welt. Und jedenfalls will Gott ja auch das viele Leid nicht. Der Mensch ist so frei, dass er anderen Leid antun kann.

Ja, und dass Gott uns als unfreie Marionetten erschaffen hätte, das wollen wir auch wieder nicht. Wir wollen doch alle frei sein. Jetzt sind wir's – und jammern, dass wir so viel Freiheit haben, um anderen Leid zuzufügen.

Aber es gibt ja auch Leid, das nicht von den Menschen kommt – zum Beispiel Erdbeben, Unwetter, viele Krankheiten. Warum gibt es das?

Ehrlich gesagt: Ich weiß es nicht. Gott allein weiß es. Nur wenn ich mir vorstelle, dass es eine Welt ohne jedes Leid gibt – naja, man könnte sagen, dass wir uns dann gar nicht mehr über das Schöne freuen könnten, weil ja immer alles nur schön wäre. Aber Gott hätte sicher Möglichkeiten gehabt, dass wir uns trotzdem freuen könnten. Im ewigen Leben soll es ja auch nur Schönes geben, und alle freuen sich trotzdem.

Es bleibt hier also eine offene Frage: Warum wir nicht jetzt schon in einer himmlischen Welt leben, wissen wir nicht. Gott hat es so gewollt. Und darum wird es gut so sein. Darauf können wir nur vertrauen.

Na gut, wenn es also schon viel Leid gibt und wir nicht wissen warum – gibt es dann wenigstens einen Trost?

Ja. Es gibt die Liebe Gottes, die uns auch im Leid nicht verlässt. Auch dann nicht, wenn wir gar nichts von ihr spüren.

Die Liebe Gottes besteht nämlich darin, dass er unser Leid mit uns erleidet. Er fühlt mit. Er fühlt die Not, die wir fühlen. Er versteht sie und ist ganz nah bei uns in unserer Not.

Das ist leicht gesagt. Aber stimmt das auch? Woher soll man das wissen?

Naja, wir können es nicht wissen in dem Sinne, dass wir einen eindeutigen Beleg dafür haben. Schwarz auf weiß, du weißt schon. Aber wir können es wissen in dem Sinne, dass es uns zu einer tiefen und festen Gewissheit wird – und zwar ohne eindeutigen Beleg, schwarz auf weiß.

Immerhin ist Jesus ja den Weg des Leids gegangen. Er hat seine Verfolger nicht mit Gottes Hilfe ins Leid gestürzt, hat sie nicht vernichtet und war sie damit los. Sondern er hat sie leben lassen und sich dafür ihrem Hass ausgeliefert.

Ach, wir haben doch von Gottes Spuren in unserer Welt gesprochen. Man kann eigentlich sagen: Jesus ist die entscheidende Spur Gottes in der Welt. So wie Jesus ist, so ist auch Gott. Er leidet mit uns. Er lässt uns, die wir Leid in die Welt bringen, am Leben und leidet mit denen, denen wir Leid zufügen. Er ist der leidende Gott – und gerade so der liebende Gott.

Denn zum Lieben gehört immer auch das Leiden um des Geliebten willen.

Das heißt also, Gott ist ein mitfühlender Gott. Er setzt sich dem Leid aus, weil er uns liebt. Und seine Liebe führt auch dazu, dass das Leid einmal ein Ende haben wird. Darum können wir gewiss sein, dass er dem Leid ein Ende machen wird. Dass Gott dieser Welt, in der es so viel Leid gibt, ein Ende machen wird und eine neue Welt erschaffen wird, in der es kein Leid mehr gibt.

Warum Gott diese neue Welt jetzt noch nicht erschafft und dem Leid jetzt noch kein Ende macht, das wissen wir nicht.

Aber ist das denn nicht eine billige Vertröstung auf das Jenseits, wenn man sagt: Irgendwann wird Gott sich mal bequemen und eine neue Welt ohne Leid erschaffen?

Naja, diese neue Welt, das Reich Gottes, ist ja nicht nur eine Sache der Zukunft. Wir können Gott sogar darum bitten, dass das Neue sich schon in dieser alten Welt ansatzweise durchsetzen möge: "Dein Reich komme, dein Wille geschehe" – schon jetzt!

Und ich bin überzeugt davon, dass diese Bitte täglich millionenfach erhört wird; dass Gottes Reich mitten unter uns ist, auch wenn wir keinen eindeutigen Beleg dafür haben. Keine Fotografie. Keinen gerichtlichen Beschluss. Keine durch einen Schwur bekräftigte Zeugenaussage. Das Reich Gottes kommt eben ganz unscheinbar, wie etwas Alltägliches.

Aber das Leid ist noch nicht abgeschafft. Und das kann man Gott schon vorwerfen, oder?

"Vorwerfen" ist ein hartes Wort. Ich würde Gott das nicht vorwerfen. Wir können ihm aber unser Leid klagen. Hiob, der Mensch aus dem Alten Testament, der so unsäglich viel leiden musste – dieser Hiob hat Gott sogar deswegen angeklagt.

Bei Hiob spielte sogar der Teufel eine Rolle. Also sozusagen das Böse schlechthin. Der Teufel war es nämlich, der den Hiob so quälte. Aber das Interessante ist, dass der Teufel vorher bei Gott um Erlaubnis bitten musste.

Und Gott erlaubte es ihm. Das ist doch ...

Ja, ja, ich weiß. Wir verstehen das nicht. Wir wissen nicht, warum Gott ihm das erlaubte.

Okay, das wollte ich nur nochmal festhalten: Wir verstehen Gott nicht. Jedenfalls nicht immer. Der Teufel muss also Gott um Erlaubnis bitten, ob er den Hiob quälen darf?

Ja, und Gott erlaubt es ihm, aber er begrenzt die Qual auch: Beim ersten Anlauf des Teufels darf er dem Hiob alles nehmen, nur seine Gesundheit muss er schonen. Und beim zweiten Anlauf darf er auch Hiobs Gesundheit angreifen, nur sein Leben muss er ihm lassen.

Und das bedeutet?

Das bedeutet, dass Gott die Zügel in der Hand behält. Der Teufel, also das Leid des Hiob, darf nicht weiter gehen, als Gott es zulässt. Wir fallen, auch wenn wir leiden, nicht aus Gottes Hand heraus.

Gott bestimmt also letztlich, was passiert. Das Leid, das uns trifft, kommt also nicht von dunklen Mächten oder vom blinden Schicksal, sondern es läuft sozusagen über Gottes Schreibtisch.

So könnte man es sagen, wenn man Schreibtischarbeit liebt. Aber Gott ist natürlich kein Beamter, der das Leid für jeden einzelnen Menschen abhakt und genehmigt. Schöner ist ein anderes Bild: Unser Leid läuft zuerst durch Gottes Hände und kommt erst dann zu uns.

Das heißt: Gott fasst unser Leid an, bevor er es zu uns kommen lässt. Er wägt es sozusagen in seiner Hand, und er lässt es nur dann zu uns kommen, wenn es nicht zu schwer für uns ist. Wenn Gott unser Leid aber wägt, dann heißt das doch: Er spürt es am eigenen Leib.

Das ist wirklich ein schönes Bild. Und es passt auch gut zu einigen Versen aus dem Hiobbuch. Da sagt der Teufel nämlich zweimal zu Gott: "Der Hiob ist doch nur deshalb so fromm, weil es ihm so gut geht. Aber strecke nur einmal deine Hand aus und lass ihn leiden, dann wird er von dir nichts mehr wissen wollen." Und zweimal antwortet Gott dem Teufel: "Na gut, er ist in deiner Hand" (Hi 1,11f; 2,5f).

Einmal soll das Leid also aus Gottes Hand kommen und einmal aus der Hand des Teufels. Es kommt also nicht einfach nur vom Teufel, sondern es läuft durch Gottes Hand. Er wägt es, und es berührt ihn.

Ich finde das viel schöner als anzunehmen, dass mein Leid einfach nur Schicksal ist oder ein dummer Zufall oder die Bosheit anderer Menschen. Nein, mein Leid ist von Gott gewogen und, bevor es mich überhaupt erreichte, von Gott gespürt und erlitten worden.

So wie Jesus auch menschliches Leid spürte und erlitt.

Aber Jesu Leiden und Sterben war ja nicht das Letzte. Gott hat sogar durch Jesu Leiden und Sterben hindurch Gutes bewirkt. Und so ist es mit allem Leid: Gott wirkt durch das Leid hindurch Gutes.

Ich weiß, das ist eine ganz schön steile These, dass das mit allem Leid so ist. Das kann man doch kaum glauben!

Stimmt, das kann man kaum glauben. Darum ist unser Glaube ja auch immer ein klitzekleiner Kleinglaube. Und wir brauchen Gottes Kraft in uns, die uns im Glauben stark macht.

Ich will Gott ja auch gar nicht festlegen, so als müsse er aus allem Bösen etwas Gutes machen. Aber ich glaube, dass er das wirklich will. Und was er will, wird er doch auch tun, oder?

Aber sehen oder beweisen können wir das nicht, dass Gott durch das Leid hindurch Gutes wirkt. Das war ja schon bei Jesus so: Nach der Auferstehung war sein Grab leer, berichtet die Bibel. Einfach leer. Punkt. Was da geschehen war, hat niemand gesehen. Die Auferstehung Jesu, seinen Sieg über den Tod hat niemand beobachtet. Was da bei der Auferstehung geschehen ist, wird nicht in der Bibel beschrieben.

Beschrieben wird nur, dass Jesus nach seiner Auferstehung seinen Jüngern erschienen ist. Und auch das war ein sehr flüchtiges Erlebnis der Jünger. Denn kaum dass Jesus ihnen erschienen war, war er auch schon wieder weg. Das war also alles andere als ein handfester Beleg, schwarz auf weiß, mit Stempel und Unterschrift.

Womit wir wieder beim Anfang wären. Jetzt müssen wir aber bald Schluss machen. Es war so spannend heute, da ist die Zeit rasend schnell vergangen.

Ich nehme mit: Gott ist auch im Leid bei uns und leidet mit uns. Er kennt unser Leid und überfordert uns nicht. Und er wendet schließlich doch alles zum Guten.

Ja, er nimmt teil an unserer Machtlosigkeit; insofern ist er ohne Macht. Und zugleich steht er an unserer Seite und führt uns auch im Leid auf einem guten Weg und zu einem guten Ziel; insofern ist er mächtig.

Und das alles können wir nur glauben, ohne etwas davon zu spüren.

Naja, manchmal spüren wir ja vielleicht schon etwas davon, dass Gott bei uns ist. Wir können es nur nicht beweisen, dass es Gott ist, den wir da spüren. Anderen können wir es nicht beweisen, und uns selbst auch nicht. Es könnte auch alles eine Einbildung sein. Aber gerade das macht ja unseren Glauben aus, dass wir es nicht für eine Einbildung halten, sondern für wahr: Gott ist bei uns jeden Tag und jede Stunde.

Und niemand ist allein in seinem Leid, weil Gott mit ihm leidet. Und weil er alles zu einem guten Ende führen will.

Das klingt gut. Und macht Hoffnung.

Aber hilft uns das eigentlich konkret, wenn wir im Lande Uz leben?

Wo leben?

Im Lande Uz – das ist das Land, in dem Hiob lebte. Wenn wir an einem Ort leben, an dem man fern von Gott zu sein scheint, an dem Gott nicht anwesend zu sein scheint – was tun wir dann?

Dann müssen wir das aushalten und ertragen – so schwer das auch ist. Und wir können beten und darauf vertrauen, dass Gott uns nicht überfordern wird. Dass er uns den Glauben bewahren wird.

Und wir können gewiss sein, dass das Leid ein Ende nehmen wird. Spätestens dann, wenn Gott uns zu sich ruft ...

... was hoffentlich noch nicht so bald der Fall sein wird. Denn dann könnten wir ja nicht mehr hier auf dem Sofa miteinander plaudern. Und das wollen wir doch noch möglichst oft.

Ja, und viele andere Sachen wollen wir ja auch noch machen. Also: Wir lassen uns ja gern von dir rufen, Herr, aber bitte jetzt noch nicht.

So ist es und so wird es wohl immer sein. Aber Spaß beiseite: Ich hoffe, wir sehen uns demnächst wieder bei meiner Plauderei auf'm Sofa. Du bist jedenfalls herzlich willkommen! Also, geh mit Gott, sei behütet vor allzu großem Leid, und sei beschenkt mit einem festen Glauben, der alles Leid aushalten und ertragen kann.

Tschüss, bis bald!


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