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Zur Kreativität geschaffen

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Zur Kreativität geschaffen
Klaus Straßburg | 09/02/2021

Ich musste stehen bleiben und genauer hinsehen. Es war eine verlassene, heruntergekommene Fabrikhalle. Ich blickte auf eine rot gestrichene verfallene Wand mit teils abgeblätterter Farbe, ein vergittertes Fenster, ein Graffiti und darüber, drei bis vier Meter hoch – eine Leiter und eine Karre an der Wand befestigt.

Wäre dieses „Werk" von Joseph Beuys (1921-1986), dann wäre es höchstbezahlte Kunst. Doch Joseph Beuys meinte, jeder Mensch trage in sich kreative Möglichkeiten und sei in diesem Sinn ein Künstler. Wie dem auch sei, jedenfalls ist diese Wand ein Stück Kreativität.

Ich wäre achtlos an dem Gebäude vorübergegangen, wäre mein Blick nicht auf die Leiter und Karre an der Wand gefallen. Unwillkürlich stellten sich Fragen ein: Was machen die da an der Wand? Wer hat sie dort aufgehängt? Sind es alte Gegenstände aus der Fabrik, die die letzten Arbeiter vor der Schließung dort angebracht haben? Wollten sie damit etwas ausdrücken?

Die ansonsten hässliche und nichtssagende Wand regte mich plötzlich zum Denken an. So geht es auch moderner Kunst nicht um Schönheit, sondern um einen veränderten Blick auf die Wirklichkeit. Sie soll etwas Neues, Interessantes schaffen und einen neuen Blick auf die Wirklichkeit wecken.

Joseph Beuys hatte jedenfalls nicht unrecht mit seiner These, jeder Mensch habe kreative Möglichkeiten. Denn Gott hat den Menschen, als er ihn schuf, auch zur Kreativität bestimmt.

Nach 1Mo/Gen 2,15 ist es Aufgabe des Menschen, den Garten Eden zu bebauen und zu bewahren. Er soll Gottes Schöpfung nicht passiv hinnehmen, sondern aktiv und kreativ gestalten.

Nach 1Mo/Gen 2,19 darf der Mensch allen von Gott geschaffenen Tieren einen Namen geben. Ein höchst kreativer Akt. Indem der Mensch den Tieren einen Namen gibt, lernt er sie zu unterscheiden und gewinnt einen ganz neuen Blick auf das Geschaffene.

Der spätere König David hatte die Gabe, Harfe zu spielen und damit die Depressionen Sauls zu vertreiben. Positiv eingesetzte Kreativität kann also die negative Wirklichkeit verändern.

Natürlich waren auch die Dichter der Psalmen höchst kreativ. Weniger bekannt ist, dass auch die prophetischen Bücher weitgehend aus Dichtung bestehen.

Gott hat uns also mit kreativen Möglichkeiten geschaffen. Darum kann jeder Mensch auf seine Art ein Künstler sein. Oder zumindest ein kreativer Mensch. Natürlich gibt es viele und sehr unterschiedliche Arten der Kreativität. Aber der Wunsch, kreativ zu sein, ist in uns hineingelegt. Kreativ zu sein kann uns glücklich machen und unserem Leben Sinn geben. Wenn aber Menschen im Arbeitsleben die Möglichkeit genommen wird, kreativ zu sein, könnte das dem Willen Gottes widersprechen.

Vor vielen Jahren lernte ich ein Mädchen kennen, das eine Förderschule besuchte. Bald stellte ich fest, dass sie wunderschön zeichnen konnte. Schlagartig wurde mir klar, wie überdurchschnittlich begabt sie ist. Was sagen schon die Leistungen in der Schule über einen jungen Menschen aus? Ich weiß nicht, warum sie eine Sonderschule besuchte. Aber ich weiß, dass sie ein ungemein begabtes Mädchen war – eine Künstlerin.

Darum sollte jeder Mensch den Mut haben, seine Art der Kreativität zu entdecken. Und wir sollten jedem Menschen dabei helfen, seine Kreativität zu entfalten.

Denn Kreativität ist eine Gabe Gottes und darum ein Menschenrecht.





* * * * *



2 Kommentare
Frank-Peter Woska
2021-02-13 19:20:41
Wenn man Freude an einer "Sache" hat, ist es oft so, dass man bestrebt ist seinen Stil zu Perfektionieren. Eine Tafel Schokolade an die Wand zu Nägeln, das ist für mich Kunst. (Nicht erst seit ich den Verursacher kenne) Bereshit (am Anfang) schuf Gott die Welt, Chaos, Tohuwabohu dann von Beginn an der Landwirt (Bara gleich bedeutend mit Bauer und erschaffen) wenn nicht geförderte Jugendliche Schmiererei Graffiti an die Wände sprühen, sollten wir Mal unser System hinterfragen. Kinder die sich prostituieren oder harte Drogen konsumieren ist kein Reifungsprozess sondern Chaos. Man muß als Christ oft durch die Hölle gegangen sein. Es ist nur sehr traurig wenn man fast sein gesamtes Leben aufs falsche Pferd gesetzt zu haben und Charles Bukowski höher bewertet hat als Jesus Christus. Wobei ich mich gerade Frage, wie seine u.a. Gedichtsbände mich "geformt" haben. Neulich hörte ich ein christliches Lied, in dem es darum ging anderen ein Licht zu sein. Das muss schon in der Früherziehung beginnen.
2021-02-13 20:53:29
Es ist nie zu spät, vom falschen auf den richtigen Weg zu wechseln. Manche müssen tatsächlich erst durch die Hölle gegangen sein, um dorthin zu kommen. Dann kann man aber auch im fortgeschrittenen Alter noch ein Licht für andere sein. Kreativität kann ein Teil des Lichtes sein. Auch Liebe ist kreativ, vielleicht mehr als alles andere. Ein Graffiti kann auch kreativ sein. Besonders dann, wenn es mit Liebe erschaffen ist, kann es eine alte Wand verschönern und interessant machen, zusammen mit einer angenagelten Leiter und einer Sackkarre. So habe ich es empfunden.
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