Wie wahrscheinlich ist es, dass Gott existiert?
Klaus Straßburg | 07/09/2024
Hier in meinen Beiträgen ist ja wirklich viel von Gott die Rede. So, als wäre es selbstverständlich, dass es ihn gibt. Ich habe auch wirklich die Gewissheit in mir, dass es ihn gibt. Ich weiß nicht, warum ich diese Gewissheit habe; sie ist einfach da. Aber das ist nicht bei allen Menschen so. Manche haben Zweifel an der Existenz Gottes, und die kann man ja auch wirklich haben. Andere sind sich ganz sicher, dass es keinen Gott gibt.
Ich möchte dazu einen Gedanken mit euch teilen, der mir am Milchsee gekommen ist. Der Milchsee ist ein kleiner See nahe Hachenburg im Westerwald. Man kann ihn in etwa 10 Minuten bequem umrunden. Und das Besondere des Milchsees ist, dass sein Wasser tatsächlich eine trübe, milchige Konsistenz hat. Man kann das auch auf dem Foto oben sehen.
Diese Konsistenz kommt vom Kaolin her, auch weiße Tonerde genannt. Das ist ein weißes Gestein, das in der Nähe des Milchsees abgebaut wird und das auch am Grund des Milchsees vorkommt.
Im Milchsee gibt es Fische, wie man hier sieht.
Die Fische kennen nur ihren milchigen See. Dort spielt sich ihr ganzes Leben ab, dort machen sie ihre Erfahrungen. Sie gehen davon aus, dass ihr See der einzige Lebensraum ist, den es gibt. Vielleicht wundern sie sich manchmal über die Schatten, die an ihrem See vorüberhuschen. Aber sie haben sich daran gewöhnt und ziehen daraus kaum den Schluss, dass es da oben Lebewesen gibt. Das ist für sie auch gar nicht interessant. Interessant ist für sie nur ihr eigener Lebensraum.
Aus unserer Sicht erscheint das als eine doch sehr eingeschränkte Denkweise. Aus der Sicht der Fische ist es aber selbstverständlich. Und es reicht für ein gutes Leben im See aus.
Mir kommen die meisten Menschen manchmal ganz ähnlich vor: Sie akzeptieren als Realität nur das, was sie erfahren. Darüber hinaus könne es nichts geben, meinen sie.
Schon Immanuel Kant hat die Kompetenz menschlicher Vernunft auf das beschränkt, was wir erfahren. Nur das Erfahrbare, also nur die uns umgebende Welt, kann Gegenstand menschlicher Erkenntnis sein. Alles, was jenseits der Welt ist, bleibt unserer vernünftigen Erkenntnis verschlossen.
Weil Gott nach Kant kein Teil der Welt ist, kann er auch nicht erkannt werden. Und es kann auch keine Aussage darüber gemacht werden, ob es ihn gibt oder nicht. Die Frage, ob Gott existiert, muss vom Verstand her offen bleiben. Sie kann nur im Glauben beantwortet werden.
Obwohl die Gottesfrage vom Verstand her nicht zu beantworten ist, hielt Kant doch an einer "Idee" von Gott fest. Er meinte, wir bräuchten eine solche Idee, um ethisch verantwortlich zu handeln.
Eigentlich wäre es doch schön, wenn wir unseren Blick weiten könnten über unseren engen Lebensraum hinaus; nicht nur in die Weiten des Universums, sondern auch noch über dieses hinaus. Wenn wir das tun, können wir zwar kein nachprüfbares Wissen von der Existenz Gottes erlangen. Aber wenn Gott uns beschenkt, können wir dennoch gewiss werden, dass es Gott gibt.
Jedenfalls irren sich Atheisten, wenn sie ganz selbstbewusst behaupten, objektiv gesehen könne es keinen Gott geben; man könne sich sicher sein, dass es keinen Gott gibt; an Gott zu glauben, sei unvernünftig. Es gebe 100prozentig keinen Gott.
Diese objektive Sicherheit gibt es nicht. Es gibt nur den subjektiven Glauben, dass es keinen Gott gibt. Denn zu beweisen ist weder die Existenz noch die Nichtexistenz Gottes.
Agnostiker bekennen sich, anders als Atheisten, zu ihrer Unsicherheit. Sie sagen: Wir wissen es nicht, ob es einen Gott gibt: Es kann sein, es kann aber auch nicht sein. Die Möglichkeit ist 50 zu 50. Sie haben mit ihrer Unsicherheit recht gegenüber den Atheisten, die meinen, man könne sich in dieser Frage sicher sein.
Wenn man also keine Gewissheit über die Existenz Gottes hat, kann man vernünftigerweise bestenfalls Agnostiker sein, aber nicht Atheist.
Die Fische im Milchsee leben in ihrem trüben, milchigen Wasser. Sie kennen keine andere Welt. Sie wissen nichts von unserem Planeten und schon gar nichts vom Universum. Ihre Erkenntnis ist auf ihren kleinen See beschränkt.
Ist es nicht bei uns ganz ähnlich? Unsere Erkenntnisse sind auf unseren Planeten und einen winzigen Teil des Universums beschränkt. Und viele Menschen gehen wie selbstverständlich davon aus, mehr könne es nicht geben. Das ist in einer Welt, die sich von Gott weitgehend verabschiedet hat, vielleicht verständlich. Aber ist es nicht zugleich auch eine ziemlich eingeschränkte Sichtweise?
Vernünftigerweise müssten wir sagen: Die Wahrscheinlichkeit der Existenz Gottes liegt bei 50 Prozent. Im Glauben aber kann ein Mensch eine 100prozentige Gewissheit erlangen, dass Gott existiert.
Doch auch ohne diese Gewissheit wird man zugeben müssen: Es ist absolut nicht ausgeschlossen, dass es um uns herum eine wunderbare göttliche Welt gibt, die für uns bestimmt ist und über die wir uns einfach nur freuen können.
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Fotos: Klaus Straßburg.
Es gibt kein außerhalb von dem "Einen". Wir sind in dem Gott und Gott in uns. Kurz gesagt: Sein Gedanke. Wieviel von Gottes Geist in uns ist offenbart unser Verstand, unser Glaube, unsere Liebe, unsere Hoffnung durch alle Endlichkeiten und Beschränktheiten. Daher sage ich immer: Mein ewiges Leben hat bereits begonnen, auch wenn man dabei mal temporär grausam leidet und qualvoll stirbt. Allerdings gilt es zu beachten: Es gibt in Gott, viele relative Gottheiten, die leider wie Absolute erscheinen, aber auch viele die selbstlos, dienend, fördernd, demütig und sanftmütig sind.
"wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben" (Joh 3,36). Aber was meinst du mit relativen und anderen Gottheiten in Gott?
dein Beispiel mit den Fischen im Milchsee gefällt mir. Du überträgst es zum Teil auf die prinzipiell begrenzte Erkenntnisfähigkeit des Menschen, um anschließend den Glauben dagegen zu stellen.
Wenn ich das mal spielerisch weiterführe, habe ich einen Fisch, der, wie die anderen auch, die gelegentlichen Schatten wahrnimmt, und behauptet, es gebe einen Superfisch, der die ganze Welt, also auch die außerhalb des Milchsees, geschaffen habe, und speziell die Milchseefische nach seinem Bilde. Und er liebe sie. Als Zeichen seiner Liebe habe er vor langer Zeit einen speziellen Milchseefisch geschickt und damit diesen Bund besiegelt.
Der Atheistenfisch hält dagegen und sagt, das Ganze sei absurd, reine Fantasie und stimme nicht. Die Beweislast läge jedenfalls ggf. beim gläubigen Fisch.
Der Agnostikerfisch bleibt kühl, sagt, man könne es letztlich nicht wissen.
Der gläubige Fisch bezeichnet die beiden anderen als Zweifler (d. h. mit einem etwas negativ besetzten Begriff) und verwendet außerdem statt des objektiven Begriffs "Wissen" den subjektiven und kaum überprüfbaren Begriff "Gewissheit".
Wer dieser Fische kommt mit seiner Position der Realität am nächsten?
Viele Grüße
Thomas
ich würde deine Frage so beantworten: Welcher der drei Fische der Realität am nähesten kommt, lässt sich objektiv nicht beantworten, weil damit die Kompetenz menschlicher Vernunfterkenntnis überschritten wäre (siehe Kant). Es handelt sich also um drei subjektive Deutungen der Wirklichkeit, die sich objektiv weder verifizieren noch falsifizieren lassen. Der "gläubige Fisch" beruft sich dabei auf die Erzählungen von einem "Superfisch", die sich in gewissen Strukturen der Fischwelt "nachlesen" lassen. Der Atheisten- und der Agnostikerfisch berufen sich auf ihre Vernunft, ziehen aber unterschiedliche Schlüsse aus der Situation. Wenn man allein der Fischvernunft Erkenntnismöglichkeit zuspricht, ist der Agnostikerfisch den anderen Fischen gegenüber im Vorteil. Wenn man in Rechnung stellt, dass es außer der Fischvernunft auch andere überzeugende Formen der Erkenntnis gibt, die sich nicht allein auf Vernunftgründe, also auf Sichtbares und Messbares stützt, muss man auch der Erkenntnis des "gläubigen Fisches" zubilligen, dass sie realitätsnah sein könnte.
Viele Grüße
Klaus
Moses wurde von JHWH zum Gott für die Israeliten gemacht. Die Konsequenz daraus ist: Das Gottesbild und der Gottesbegriff relativiert sich. Es gibt somit unzählige Götter. Jesus ist somit einer, wenn auch nicht der Eine, aber einer der für uns sehr wichtig ist. Sein übermächtiger Vater, ist noch wichtiger, auch wenn er nicht der "Ein & Alles" ist. Denn die Erde oder das kleine Universum ist nicht das Ende aller Realitäten und des Lebens; weder im Marko noch im Mikro. Wir sind im Bilde Gottes unterwegs, dass würden die meisten "beherrschten" Tiere bestätigen. Vielleicht halten die meisten von denen uns sogar für Dämonen oder sogar für Götter. Unwissenheit neigt zu Unter- und Übertreibung, aber das wird gerne auch gegen einen ausgenutzt, um sich zu erhöhen. ...
da muss ich dir leider widersprechen. Nach der heiligen Schrift gibt es nur einen einzigen Gott (5Mo/Dtn 6,4) in Einheit mit seinem einzigen Sohn Jesus (Joh 3,16). Dass es in 2Mo/Ex 7,1 heißt, Gott mache Mose zum Gott für den Pharao, bedeutet, dass Mose das Sprachrohr Gottes für den Pharao ist, dass Gott durch Mose gegenüber dem Pharao handelt. Mose tritt nur für den Pharao im Namen Gottes auf, nicht aber für andere Menschen. Nirgends in der Bibel wird Mose Gott gleichgestellt.
Es gibt zwar unzählige Götzen, die Menschen sich erschaffen, aber es gibt nur einen Gott. Das ist die Botschaft der Bibel. Auch wenn wir für die Tiere wie Götter sein mögen, sind wir dennoch in Wahrheit keine Götter. Vielleichts sprichst du ja eher von den Götzen ...
ich halte deinen gewählten Titel für zumindest zu einseitig; könnte es nicht besser heissen: "Wie unwahrscheinlich ist es, dass Gott nicht existiert? " Mit dieser Formulierung kann ich mich besser anfreunden da sie meine Unsicherheit ernst nimmt und meinen Glauben unter einen gewissen letzten Vorbehalt stellt.
Hg Michael
eine interessante Frage. Man kann es so sehen, dass die Formulierung "Wie wahrscheinlich ist es, dass Gott existiert?" schon eine Wahrscheinlichkeit seiner Existenz voraussetzt. Aber dein Vorschlag "Wie unwahrscheinlich ist es, dass Gott nicht existiert?" setzt nach meinem Empfinden die Unwahrscheinlichkeit seiner Nichtexistenz voraus, spricht also auch wieder für die Wahrscheinlichkeit seiner Existenz. Eine wirklich andere Zielrichtung hätte wohl die Formulierung "Wie wahrscheinlich ist es, dass Gott nicht existiert?" oder besonders die Formulierung "Wie unwahrscheinlich ist es, dass Gott existiert?" Besonders die letzte Formulierung erweckt nach meinem Empfinden den Eindruck, als sollte die Unwahrscheinlichkeit der Existenz Gottes herausgestellt oder zumindest offengehalten werden. Aber letztlich würden doch alle vier Fragen zu demselben Ergebnis führen, oder? Es ging mir ja nicht um Unsicherheiten des Glaubens, sondern um eine ganz rationale Frage der Wahrscheinlichkeit.
Unsicherheiten des Glaubens gibt es übrigens nach meiner Überzeugung in jedem Glauben, auch wenn er sich als noch so sicher ausgibt. Die Bibel nennt das Zweifel und ist voll von Zweiflern, von denen ich ja schon einige portraitiert habe (siehe auf der Themenseite ganz unten das letzte Stichwort "Zweifel"). Das Ziel kann allerdings nicht ein zweifelnder Glaube sein oder ein Glaube unter Vorbehalt, sondern sollte ein gewisser Glaube sein. Den können wir jedoch nicht "machen", sondern uns nur von Gott schenken lassen. Dass dieses Geschenk bei uns ankommt, setzt allerdings die Bereitschaft voraus, sich beschenken zu lassen - und zwar nicht unter dem Vorbehalt, das Geschenk irgendwann wieder zurückzugeben. Das wäre zwar tatsächlich jederzeit möglich und geschieht auch nicht selten, ist aber nie der Sinn der Annahme des Geschenks.
Ich kann dich gut verstehen. Grundlage meines Gedankenganges ist 1.Korinther 8,5-6. Daher betrachte ich Götzen als leblose Symbole für lebendige Wesen, die als "sogenannte Götter" auftreten. Und die können auf Erden oder sogar im Himmel sein, und sehr übermächtig und vielwissend sein. Leider ist das aus der menschlichen Perspektive nicht so klar, wer was wirklich ist. Daher ist es extrem sinnvoll dem heiligen Geist und göttlichen Perspektive zu folgen, was Jesus mehr als deutlich gemacht hat. Leider wird der absolute Begriff die absolute Vorstellung von Gott gerne benutzt und missbraucht und dies von "relativen Göttern". Mehr Wissen und Macht heißt nicht, dass man die Absolute und Allumfassende Instanz ist. Aber sie kann vielen so erscheinen, insbesondere dann, wenn diese Instanz den Alleinanspruch für sich hat und den ständig wiederholt und für sich anwendet. Irgendwann füllt der Glaube die undichten Stellen und alles wird "wasserdicht". Daher würde ich eher die Frage stellen: Wie wahrscheinlich ist es, dass "sogenannte Götter" existiert? Denn diesen gehen die allermeisten Menschen auf den "Leim" oder erliegen der Versuchung oder dem inneren und äußeren Druck. Davon spricht ja selbst die Offenbarung des Johannes.
danke für deine Klarstellung. In 1Kor 8,5f wird es deutlich erklärt. Paulus spricht, wie du auch, von "sogenannten Göttern", also keinen wahren Göttern, aber Mächten und Gewalten, die als Götter verehrt werden, obwohl sie keine sind. Das nennen wir Götzenverehrung. Darüber zu informieren, z.B. darüber, wie stark und umfassend in unserer Welt materielle und immaterielle Götzen verehrt werden (und von dieser Gefahr sind auch Christinnen und Christen nicht ausgenommen!), wäre sicher eine wichtige Aufgabe.
Wie ein Fisch mitten im Wasser ist, das er nicht sehen kann.