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Von lebendigen Toten und toten Lebendigen

Christsein verstehen
Veröffentlicht von in Festzeiten · 9 April 2020
Tags: OsternKarfreitagTodAngstLebenGerichtGottverlassenheitNeuschöpfungVertrauenEwigkeit

Von lebendigen Toten und toten Lebendigen
Klaus Straßburg | 09/04/2020

Was wäre, wenn wir das Osterfest ernst nähmen? Wenn wir die Gewissheit hätten: Jesus hat den Tod ein für allemal besiegt.

Stell dir vor, er stände neben dir, sähe dich mit liebevollen Augen an und sagte: „Mach dir doch keine Sorgen: Du wirst leben!"

Nicht, dass wir diesen Jesus sehen und seine Stimme hören wie eines Menschen Stimme. Nicht, dass wir ihn jederzeit spüren. Was wir sehen und spüren, ist oft etwas anderes: das durch Krankheit und Tod bedrohte Leben, das begrenzte Leben, das sorgenvolle Leben.

Doch stell dir vor, du hättest trotzdem die Gewissheit, dass Jesus da ist – mit unauslöschlicher Liebe und mit einer Stimme, die alle Angst von dir nimmt.

Was wäre, wenn wir das ernst nähmen?


1. Unser Umgang mit dem Tod

Ich denke, wir würden anders mit Sorgen, Krankheit und Tod umgehen.

Wir müssten den Tod nicht aus unserem Leben verdrängen, ihn ignorieren und auf eine ferne Zukunft verschieben. Natürlich würden wir nicht jede Minute unseres Lebens an den Tod denken. Wir würden ja weiterhin Termine machen und unser Leben planen. Das gehört zum Leben dazu. Aber wir würden zugleich in dem Bewusstsein leben, dass all unsere Termine und Planungen nur vorläufig sind. Und wir würden nicht so sehr erschrecken, wenn ein Virus uns plötzlich den verdrängten Tod wieder vor Augen stellt.

Manche Menschen verzagen und leben in Angst, wenn eine Krankheit oder der Tod sie bedroht. Dann bestimmt der Tod schon jetzt ihr Leben. Der Tod kann uns die Lebensfreude und damit ein Stück Leben schon dann rauben, wenn wir noch lebendig sind.

Andere füllen ihr Leben bis zum Anschlag mit Erlebnissen, die Glück versprechen, nach der Devise, die in der Bibel drastisch ausgedrückt ist: „Lasst uns essen und trinken, denn morgen sind wir tot" (Jes 22,13; 1Kor 15,32). Heute würden wir vielleicht sagen: „Lebe jetzt! Lebe deinen Traum!" Du musst das Leben jetzt intensiv genießen, denn heute ist vielleicht deine letzte Chance.

Das geht dann zwangsläufig auf Kosten unserer Mitkreaturen – Menschen, Tiere, Pflanzen. Wer alle Güter dieser Welt für sich selbst zusammenraffen will, muss das auf Kosten der anderen tun, rücksichtslos gegenüber der Mitkreatur.

Ich denke, dass kein Mensch von all diesen Verhaltensweisen frei ist. Wir verdrängen den Tod, er stürzt uns in Verzweiflung, wir suchen so viel Glück wie möglich zu erleben.

Zu einem Teil ist das normal. Wir sind Leben, das leben will. Und der Tod ist das Fragezeichen hinter unserer Sehnsucht nach Leben, Glück und Sinn.

Doch im christlichen Glauben bekommt der Tod noch einmal eine ganz andere Bedeutung als die heute gängige.


2. Der vielfältige Tod

Die erste Dimension des Todes
Der Tod ist das Ende des physischen Lebens. Das macht Angst. Und es stürzt in Trauer, wenn ein Mensch gestorben ist. So trauerte David intensiv um Saul und seinen Freund Jonathan, Sauls Sohn (1Sam 1,17-27). Und das Neue Testament berichtet, dass Maria und Jesus um Lazarus trauerten und weinten (Joh 11,31-33.35f).

In alttestamentlichen Zeiten stellte man sich vor, dass die Toten im Totenreich seien, in einer finsteren Unterwelt (hebräisch Scheol). Dort können die Toten Gott nicht loben, sind von ihm  getrennt und dem Vergessen preisgegeben. Sie werden dort zu Staub, ihr Dasein ist kraftlos wie ein Schatten und hat jeden Sinn verloren (z.B. Ps. 88,6.11; 90,3; 115,17; Jes 26,14; Hi 10,20-22).

Wahrlich keine schönen Aussichten! Aber abwarten, das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.

Die zweite Dimension des Todes
Der Tod kann den Menschen nach biblischem Verständnis auch dann treffen, wenn er physisch noch lebt – das ist sozusagen der Tod mitten im Leben. Dies geschieht, wenn die Beziehung des Menschen zu Gott gestört ist, wenn der Mensch krank wird, wenn er im Elend leben muss oder wenn er Konflikten und Gefahren ausgesetzt ist. Alles, was die Lebensfülle mindert und unser Leben einschränkt, trägt schon das Zeichen des Todes. Besonders die Verlassenheit von Gott wird als Tod schon mitten im Leben erfahren (Ps 22,15f; 86,13; 88; Jes 38,18; Röm 6,12; Eph 2,1; 1Tim 5,5f u.ö.).

Man kann das alles zusammenzufassen, indem man den Tod als Beziehungslosigkeit versteht. Der Tod ist dann
a) die gestörte Beziehung zwischen dem Menschen und Gott (wenn wir Gottes Ferne erleben oder ihm nicht vertrauen)
b) die gestörte Beziehung des Menschen zu sich selbst (wenn uns der erkrankte Körper oder die erkrankte Seele Probleme bereiten oder wenn wir mit uns selbst nicht im Reinen sind).
c) die gestörte Beziehung zwischen dem Menschen und seinen Mitkreaturen (wenn wir im Konflikt mit unserem Nächsten oder mit den anderen Geschöpfen leben)

Halte durch, wir haben die Beschäftigung mit dem Tod bald geschafft!

Die dritte Dimension des Todes
Der Tod bezeichnet schließlich in der Offenbarung den endgültigen Tod, aus dem es kein Entrinnen gibt. Er wird „der zweite Tod" genannt und mit dem „Feuersee" gleichgesetzt (Offb 2,11; 20,6.14; 21,8). Die Aussagen mahnen dazu, den Glauben an Gott und das entsprechende Handeln nicht als etwas Beliebiges zu verstehen nach dem Motto: Man kann glauben, man kann es aber auch lassen; jeder soll doch nach seiner eigenen Façon selig werden. Stattdessen soll uns bewusst sein: Mit dem Glauben und Handeln ist es ernst. Es geht dabei ums Ganze: um Leben und Tod.

Damit sollten die damals verfolgten Christen getröstet werden. Ihnen wurde gesagt: Mit dem Tod werden nicht Täter und Opfer gleichgemacht. Der Tod gibt nicht alles Böse dem großen Vergessen preis, als wäre nichts gewesen. Die Täter werden nicht in Ewigkeit über ihre Opfer triumphieren. Vielmehr wird Gott Unterschiede machen. Wir nennen das auch Gottes Gericht (Offb 20,13). Das griechische Wort für „richten" (krinein) heißt auch „scheiden / unterscheiden".

Mit anderen Worten: Ihr Glaubenden, die ihr gequält, verachtet und vergessen wurdet – ihr werdet nach eurem irdischen Leben nicht vergessen sein, sondern als Gottes Geliebte in ewiger Freude leben. Und ihr Gottlosen, die ihr Unrecht, Leid und Tod in die Welt gebracht habt – ihr werdet nach eurem irdischen Leben nicht mehr triumphieren, sondern Gottes Gericht wird euch die Augen öffnen über euch selbst, und ewiges Verderben wird euch drohen.

In Gottes Reich haben Gottlosigkeit, Hass, Vergessen der Armen, Unrecht, Folter, Kriegslust, Raffgier, Selbstgerechtigkeit und Machtmissbrauch keinen Platz mehr. Darum wird alles, was Tod bringt, indem es der Mitkreatur Leben raubt, vernichtet werden. Das müssen auch die unbelehrbaren Täter fürchten.

Das eigentlich Furchterregende des Todes ist dann nicht das physische Ableben, sondern die fehlende Beziehung zum Grund und Sinn unseres Lebens. Fürchterlich ist es, wenn ein Mensch den Sinn seines Daseins verfehlt, wenn er die Gabe des Lebens missachtet und die damit verbundene Aufgabe nicht erfüllt. Denn Gott will für uns ein erfülltes Leben mit Sinn und Ziel.


3. Karfreitag und Ostern

Wie wir leben sollen, sehen wir an Jesus. Aber auch, was uns im Leben passieren kann.

Er lebte die Liebe zu den Menschen und musste gerade deshalb deren Lieblosigkeit und Hass ertragen. Er lebte im vollkommenen Vertrauen zu Gott und musste doch erleben, wie dieser Gott ihn verließ.

So kann es dem ergehen, der ganz auf die Liebe setzt. Denn die Liebe setzt sich nicht mit Gewalt durch, sondern besiegt die Lieblosigkeit, indem sie ins Leiden geht.

Aber nicht nur Jesus hat gelitten, sondern auch Gott. Ich verstehe das so: Gott wollte sich nicht gewaltsam gegen die Mörder seines Sohnes durchsetzen. Darum musste er es erleiden, dass er in dieser Situation (die er aus Liebe zu den Tätern selbst herbeigeführt hat) nicht mehr der fürsorgliche und rettende Vater seines Sohnes sein konnte. Er musste den Tod seines Sohnes erleiden und den Tod seines rettenden Vaterseins.

Wir haben also einen Gott, der selbst Leid und Tod erfahren hat. Gerade so aber hat er Leid und Tod besiegt: Er hat an seiner Liebe festgehalten; seine Liebe ist stärker als der Tod.

Das zeigt uns Jesu Auferweckung: Der liebende und leidende Gott schafft durch den Tod hindurch Leben. Der liebende Gott erleidet den Tod; gerade dadurch aber bleibt er sich selbst treu, nämlich seiner Liebe zu den Tod bringenden Menschen, die er trotz allem leben lässt.

Karfreitag gedenken wir des Todes Jesu. Fürchterlich war dieser Tod nicht, weil Jesu irdisches Leben zu Ende ging, sondern weil Jesus das Verlassensein von seinem rettenden Vater erleben musste. Darum schrie er am Kreuz nicht „Mein Gott, warum muss ich sterben?", sondern „Mein Gott, warum hast du mich verlassen?" (Mk 15,34; Mt 27,46).

Zugleich gedenken wir des Gottes, der die Bewahrung Jesu aufgegeben hat, weil er seine Peiniger nicht auslöschen wollte.

Zu Ostern feiern wir das Leben, das Gott aus dem Tod heraus schafft. Wir feiern den Sieg seiner Liebe über Gewalt und Tod. Diese Liebe hat Jesus durch den Tod hindurch das ewige Leben bei Gott geschenkt. Diese Liebe will auch uns durch den Tod hindurch zum ewigen Leben bei Gott führen.


4. Das vielfältige Leben

„Tod" ist also nicht das letzte Wort. Das letzte Wort ist nach Gottes Willen „Leben". Und das Leben ist ebenso vielfältig wie der Tod.

Der erste Trost
Die griechisch-römische Antike sah im Tod einen notwendigen Teil des menschlichen Daseins: Alles, was entsteht, vergeht. Darum meinte man: Es bleibt uns nur, den Tod als Gegebenheit unseres Daseins anzunehmen. Man konnte den Tod sogar als Befreiung von der Fessel des Leibes und als sicheren Hafen verstehen.

Nach jüdisch-christlichem Verständnis entscheidet weder die Natur noch eine anonyme Macht oder ein blindes Schicksal darüber, wann wir sterben. Auch nicht die Folgen unserer eigenen Taten (unser „Karma") geben den Ausschlag. Sondern allein Gott entscheidet über Leben und Tod: Er sendet seinen Lebenshauch an alles Lebendige aus, und er nimmt diesen Lebenshauch auch wieder weg (Ps 104,29f; Hi 34,14f).

Ich finde es tausendmal angenehmer, wenn statt des Schicksals, statt eines dummen Zufalls oder statt meiner Taten der mich liebende Gott über Leben und Tod entscheidet.

Im Alten Testament ist deshalb auch davon die Rede, dass ein glaubender Mensch „alt und lebenssatt" sterben kann. Das ist ein Sterben nach einem erfüllten (nicht leidfreien!) Leben und im Einklang mit Gott, der die Zeit des Todes bestimmt (Gen/1Mo 25,8; 35,29; Hi 42,17).

Außerdem wird der Blick schon an einigen Stellen des Alten Testaments dahin geweitet, dass Gott (entgegen anderen Stellen) auch im Totenreich anwesend ist und aus ihm erretten wird (Ps 49,16; 139,8) Mehr noch: Er wird den Tod für immer vernichten und den Menschen aller Völker die Tränen abwischen (Jes 25,8; vgl. Offb 21,4).

Gott will also das Leben seiner Geschöpfe, nicht ihren Tod (Mk 12,27). Er hat uns nicht nur für ein kurzes irdisches Leben geschaffen, sondern will immer und ewig mit uns zusammen sein.

Darum berichtet die Bibel immer wieder davon, dass Tote durch Gottes Kraft wieder lebendig werden (1Kön 17,21f; Mk 5,41f; Joh 11,41-44). Und auch Jesus ist nicht im Tod geblieben (Lk 24,6.34 u.ö.). Die Osterbotschaft lautet: Gott ist stärker als der Tod. Er setzt sich durch, indem er Leben schenkt – auch wenn uns nichts anderes als Leid und Tod vor Augen stehen.

Darum können wir uns dem Tod stellen. Wir müssen ihn nicht verdrängen (Jos 23.14; 1Kön 2,2). Denn seine Macht wird im Glauben radikal relativiert. Ja, er beendet unser irdisches Leben. Das ist aber auch alles. Über das himmlische Leben hat er keine Macht. Unser Leben ist weit mehr als die Jahre auf dieser Erde. Und das, was wir auf dieser Erde leiden müssen, hat überhaupt keine Bedeutung im Vergleich zu der bevorstehenden Herrlichkeit, die Gott an uns dartun wird (Röm 8,18).

Darum konnte sich Paulus sogar nach der ewigen Gemeinschaft mit Gott sehnen und auf sie freuen. Er wusste aber, dass er nach Gottes Willen noch leben sollte (Phil 1,23).

Der zweite Trost
Manche leben ihr irdisches Leben ohne Beziehung zu Gott. Wir haben gehört, dass die Bibel darin den Tod zu Lebzeiten sieht. Aber auch für diese lebendigen Toten gibt es Hoffnung. Wir können Gott bitten, dass er ihnen den Glauben schenken möge. Dass er sie überwältigen möge durch die Kraft seines Geistes. So wie der Geist über die Propheten des Alten Testaments kam und sie dazu trieb, Gottes Wort zu sagen – auch wenn sie sich dagegen wehrten (Jes 6,4-7; Jer 1,4-9). Auch Mose wehrte sich heftig gegen Gottes Berufung und hielt sich für ungeeignet (Ex/2Mo 3,11.13.; 4,1.10.13). Doch Gott kann einen Menschen von Grund auf verändern.

Darum spricht das Neue Testament von einer „Neuschöpfung" oder „Neugeburt". Uns neu erschaffen oder neu gebären können wir nicht selbst (2Kor 5,17f; Gal 6,14f; Joh 3,3-8). Auch Paulus wurde von Christus überwältigt, obwohl er einer der heftigsten Christenhasser war (Apg 9,1-9; Gal 1,11-16). Wunder der Gnade!

„Aus Gnade seid ihr gerettet worden durch Glauben; und das nicht aus euch, es ist Gottes Gabe" (Eph 2,8).

Wir sollen um die Möglichkeit des geistlichen Todes wissen. Wir sollen aber nicht verzagen, wenn uns das Glauben schwerfällt. Wer zweifelt und trotzdem an Gott festhält, ist ihm nicht fern. Und er darf um das Geschenk des Glaubens bitten.

Lege einfach alles in Gottes Hand. Sage: „Ich glaube, hilf meinem Unglauben" (Mk 9,24). Und dann überlass es Gott, was er aus deiner Bitte macht. Vielleicht erlebst du es, wie dein Glaube langsam wächst. Und wenn du das Gefühl hast, dass nichts wächst, dann lass dir an seiner Gnade genügen (2Kor 12,9). Er allein setzt das Maß deines Glaubens fest, und wie viel er dir zuteilt, so ist es gut (Röm 12,3).

Der dritte Trost
Wer sich so für Gottes Gnade bereit machen lässt, muss den ewigen Tod nicht fürchten. Er ist wie Paulus „von Mutterleib an ausgesondert und durch Gnade berufen" (Gal 1,15). Oder im Bild gesprochen: Er kann guter Hoffnung sein, dass sein Name im „Buch des Lebens" aufgeschrieben ist (Offb 20,12). Für die dort Aufgeschriebenen gibt es keinen „zweiten Tod". Sie sind „aus dem Tod ins Leben hinübergegangen" (Joh 5,24).

Und was mit den anderen geschieht, kannst du getrost Gott überlassen. Es ist nicht an dir, das Urteil zu sprechen (Mt 7,1; Röm 2,1; 14,3f.13). Deine Aufgabe ist, allen die frohe Botschaft zu bezeugen und für alle zu hoffen und zu beten (Mt 28,19; 2Kor 5,20).


5. Dem Tod ins Gesicht lachen

Früher gab es in den Ostergottesdiensten den Brauch des Osterlachens. Der Pfarrer erzählte von der Kanzel eine lustige Geschichte, und es durfte gelacht werden. Vielleicht sollten wir den Tod nicht so ernst nehmen, sondern ihm ins Gesicht lachen. Er hat ja schon verloren.

Würde ich Ostern ernster nehmen, dann würde ich wohl manches andere in meinem Leben, das ich jetzt mit Sorgen betrachte, nicht so ernst nehmen. Stattdessen würde ich mehr darüber lachen. Was soll mir denn passieren? Nichts kann uns trennen von Gottes Liebe (Röm 8,33-39). Gott will mit uns zusammen sein und zusammen bleiben! Das ist es, was zählt. Alles andere tritt dahinter zurück. Auch alles Leid hat im Vergleich mit der Herrlichkeit des Himmels keine Bedeutung (Röm 8,18).

Stell dir vor, Jesus ist da – ganz nah bei dir. Du bist zu traurig, um ihn zu spüren. Du siehst ihn nicht; du siehst durch den Schleier deiner Tränen nur irgendwelche Menschen, die dir nichts sagen. Und nun stell dir eine Stimme vor, die beim ersten Wort schon alles sagt: Er nennt deinen Namen – mehr nicht. Das reicht schon. Du weißt, dass er lebt. Und dass auch du leben wirst. Dass du dir keine Sorgen machen musst. Dass er bei dir ist und bei dir bleibt jeden Tag. Und dass der Tod schon besiegt ist (vgl. Joh 20,11-18).

Dann bist du schon jetzt vom Tod zum Leben hinübergegangen.


* * * * *




14 Kommentare
elke schweisfurth
2020-04-10 21:28:37
es war eine tröstende andacht, die
Hoffnung aussagt. danke. wer so spricht, in denen ist
viel liebe drin. der hat Gottesliebe und nähe in sich verstanden.
frohe Ostern an alle.
Klaus Straßburg
2020-04-11 10:07:14
Vielen Dank für die freundliche Rückmeldung und die Osterwünsche. Auch dir ein frohes und gesegnetes Osterfest!
Petra Einloft
2020-04-11 19:01:36
Wie tröstlich, dass mein Glaube - und der jedes anderen - so groß oder klein wie er gerade ist, genug ist, damit Jesu Sieg über den endgültigen (2.) Tod auch für mich gilt. Und das jetzt schon, nicht erst am Tag des Gerichts, wenn ich das richtig verstanden habe.

Frohe und gesegnete Ostern!
Klaus Straßburg
2020-04-11 20:44:08
Ja, im Johannesevangelium wird immer wieder gesagt, dass für die Glaubenden das neue Leben jetzt schon begonnen hat, z.B. Joh 3,36: "Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben." Und Paulus hat geschrieben: "Ist jemand in Christus, dann ist er ein neues Geschöpf. Das Alte ist vergangen, siehe, es ist neu geworden" (2Kor 5,17). Sicher ist das ein ewiges Leben und ein neues Geschöpf in unvollkommener Form, denn wir sind noch nicht am Ziel. Aber ich denke, in Momenten, in denen wir 100prozentig im Vertrauen zu Gott leben (wenn uns solche Momente geschenkt werden), kommt das dem Himmel schon recht nah. Und man stelle sich nur vor, alle würden so leben ...

Dir auch gesegnete Ostern mit viel Osterfreude!
2020-04-18 12:33:12
„Die griechisch-römische Antike sah im Tod einen notwendigen Teil des menschlichen Daseins: Alles, was entsteht, vergeht. Darum meinte man: Es bleibt uns nur, den Tod als Gegebenheit unseres Daseins anzunehmen. Man konnte den Tod sogar als Befreiung von der Fessel des Leibes und als sicheren Hafen verstehen.“

Nach dem Tod eines Menschen setzen irreversible Zersetzungsprozesse ein. Darüber wissen wir heute viel genauer Bescheid als zur der Entstehungszeit der Bibel. Meiner Meinung nach ist damit eine leibliche Auferstehung ausgeschlossen.

Ich glaube an Gott und ich glaube an Jesus Christus als seine Inkarnation in einem Menschen. Ich glaube, dass nach dem Tode Jesu etwas Spektakuläres passiert sein muss, das seinen verschreckten und verzweifelten Jüngern wieder Zuversicht gegeben hat. Wenn es nicht so wäre, wüssten wir heute überhaupt nichts von Jesus. Deswegen kann ich auch Aussagen wie „Jesus hat dem Tod die Macht genommen“ unterschreiben.

An der konkreten faktischen Richtigkeit der Auferstehungsberichte im Detail habe ich hingegen Zweifel. Sie stimmen untereinander nicht überein, sind teilweise in sich widersprüchlich und vieles davon geht schlicht naturwissenschaftlich nicht.

Ich mache den antiken Autoren keine Vorwürfe; die haben eben zeittypische Vorstellungen wiedergegeben. Wenn mich aber jemand heute noch auf diese antiken Vorstellungen (Totenreich, Hölle, Jüngstes Gericht usw.) verpflichten will, als könne ich nicht Christ sein, wenn ich das nicht glaube und mich damit auch nicht mehr beschäftigen will, bin ich raus. So etwas tröstet mich nicht und gibt mir auch keine Hoffnung. Es nervt und stört, nichts weiter.
2020-04-18 12:35:06
Oh, da ist etwas schiefgegangen: Vor dem Zitat im ersten Absatz sollte stehen:

"Am meisten angesprochen hat mich dieser Abschnitt:"
Klaus Straßburg
2020-04-18 18:46:34
@Thomas Jakob:
Vielen Dank für die ausführliche Stellungnahme. Ich kann dem meisten zustimmen und möchte nur zu drei Punkten etwas sagen:

1. Zur faktischen Richtigkeit der Auferstehungsberichte
Die sog. Auferstehungsberichte schildern Ereignisse, die Jesu Jünger als Erscheinungen des Auferstandenen erlebt haben. Wir sollten deshalb vielleicht besser von Erscheinungsberichten sprechen; denn nicht das Geschehen der Auferstehung wird geschildert (nirgendwo im Neuen Testament!), sondern geschildert werden die Erscheinungen des bereits auferstandenen Jesus. Diese Erscheinungsberichte unterscheiden sich voneinander. Man hat diese Erscheinungen unterschiedlich interpretiert, z.B. auch als psychische Erlebnisse infolge beeindruckenden Persönlichkeit Jesu, Erlebnisse, welche die Jünger von der Lebendigkeit Jesu überzeugten. Jedenfalls ist offenbar "etwas Spektakuläres passiert", wie du zu recht schreibst. Ich finde es nicht so wichtig, genau zu wissen, was da eigentlich passiert ist. Wichtig ist mir nur, dass die Jünger offenbar den gekreuzigten Jesus als Auferstandenen erlebt haben - wie auch immer man sich dieses Erlebnis vorzustellen hat. Es geht meiner Meinung nach auch nicht um Richtigkeit im Sinne von wörtlicher Übereinstimmung der Wirklichkeit mit dem Geschriebenen, sondern um die Glaubensinhalte im Geschriebenen. Die Evangelisten wollten verkündigen und nicht historische Berichterstattung liefern. Das soll nicht heißen, dass alle geschilderten Ereignisse frei erfunden sind. Die Jünger werden schon etwas Entsprechendes erlebt haben. Aber es kommt für mich nicht auf historische Richtigkeit an, sondern auf die Glaubensinhalte, die die Evangelisten vermitteln wollten. Dazu gehört m.E. auch die Leiblichkeit des Auferstandenen.

2. Leibliche Auferstehung
Jesus erschien mit einem Leib, der aber nicht unserem entsprach. Es wird z.B. geschildert, dass er durch verschlossene Türen zu den Jüngern kam. Man kann das sicher auch tiefenpsychologisch deuten. Jedenfalls hatte er einen Leib, hat sogar gegessen und trug die Nägelmale an den Händen. Ich ziehe daraus den Schluss, dass das Auferstehungsleben auch mit einer Art von Leiblichkeit zu tun hat. Paulus spricht davon, dass wir nach dem Tod "überkleidet" werden (2Kor 5,4). Das Sterbliche muss Unsterblichkeit, das Verwesliche Unverweslichkeit "anziehen" (1Kor 15,53). Da das jüdisch-christliche Denken nicht wie die griechische Philosophie von der Trennung der Seele vom Körper nach dem Tod ausging (davon ist nirgends in der Bibel die Rede), sondern Seele und Leib als Einheit verstand, denke ich, dass das ewige Leben auch eine leibliche Dimension hat. Der ewige Leib wird aber ein anderer sein als der zeitliche Leib, so dass wir zwar nicht wissen, wie er sein wird, aber ihn uns in Analogie zum irdischen Leib vorstellen können. Analogie heißt: Es gibt Übereinstimmungen und zugleich Unterschiede. Paulus sagt dazu Interessantes in 1Kor 15,38-49. Dabei müssen wir uns bewusst machen, dass es immer nur um unzureichende Bilder vom Ewigen gehen kann. Letztlich bleibt es uns unvorstellbar, aber wir können durch die Bilder wenigstens etwas davon verstehen. Ich halte es aber nicht für entscheidend, wie man sich das ewige Leben vorstellt, ob mit oder ohne Leib, sondern dass man überhaupt daran glaubt. Das ist, finde ich, das Entscheidende.

3. Totenreich, Hölle und Jüngstes Gericht
Ich halte auch die Vorstellungen vom Totenreich für Bilder, die wir nicht 1 zu 1 übernehmen müssen. Wichtig finde ich, was damit ausgesagt werden soll, nämlich dass nach dem Tod ein Leben in der Trennung von Gott möglich ist. Das gilt auch für die Rede von der Hölle und vom Jüngsten Gericht. Allerdings muss das keine Angst machen. Ich denke, Christsein gründet nicht in Drohungen und Angst, sondern im Vertrauen auf Gottes Gnade, die die Gottlosen annimmt. Im Vertrauen darauf gibt es keine Angst vor der Hölle und dem Gericht mehr, sondern die Gewissheit, dass uns das ewige Leben geschenkt ist - nicht aufgrund unserer Taten oder unseres Glaubens, sondern aufgrund der Gnade Gottes.

Grundsätzlich finde ich es wichtig, dass kein Christ dem anderen vorzuschreiben hat, was er zu glauben habe. Es geht nicht in erster Linie um Sätze, die man anzuerkennen hat, sondern um Vertrauen zu Gott, der uns das Leben schenken will. Im übrigen leben wir alle nicht im Schauen, sondern im Glauben. D.h.: Niemand hat für sich allein die Wahrheit. Wir sind vielmehr noch auf dem Weg zu ihr, alle miteinander. Darum sind Besserwisserei und Überheblichkeit keine christlichen Tugenden. Wir können in diesem Leben nur miteinander die Wahrheit suchen, sind darum auf das Gespräch angewiesen. Jeder Christ und jede Christin hat noch dazuzulernen. Darum reden wir miteinander in Bibel- und Hauskreisen, und die Möglichkeit zum Gespräch und zum Lernen voneinander bietet auch dieser Blog. Ich verkündige hier also keine letzten Wahrheiten, sondern drücke mein Verständnis und meine Interpretation der biblischen Schriften aus. Und ich lerne in jedem Gespräch und mit jedem Kommentar dazu.
2020-04-19 08:15:28
Hallo Klaus,

danke für Deine tolerante Haltung.

Bei mir hat es lange Phasen der Kirchenferne gegeben, wo ich im Grunde nur durch die Mitgliedschaft im Posaunenchor bei der Stange gehalten wurde. In der Musik gibt es zwar hin und wieder falsche Töne und schlechte Kompositionen, aber dieses Gefühl von „das kann einfach nicht stimmen“, wie ich es bei vielem frommen Gesprochenen, Geschriebenen und Gepredigten hatte und habe, gibt es da nicht. Ich habe inzwischen meinen Weg gefunden, trotzdem zu glauben, und ich freue mich, wenn ich andere Christen finde, mit denen ich mich auch so austauschen kann, ohne dass mein kleiner Glaube gewogen und für zu leicht befunden wird, wie es mir oft genug passiert ist.

Viele Grüße und einen schönen Sonntag

Thomas
Klaus Straßburg
2020-04-19 11:51:14
Hallo Thomas,

ich weiß, dass viele Christ*innen solche Erfahrungen gemacht haben, wie du sie schilderst. Ich selbst habe es in der Jugend erlebt, wie solche, die sich für besonders fromm hielten, anderen ihren Glauben abgesprochen haben. Darum bemühe ich mich darum, das Gespräch zu suchen, und ich lerne selber daraus - auch wenn meine Stellungnahmen vielleicht manchmal "dogmatisch" klingen. Es ist aber immer nur meine Sicht der Dinge, und niemand kann etwas anderes kundtun als eben seine Sicht - wir sprechen nicht mit der Stimme Gottes.

Vielleicht bleiben wir digital im Gespräch, ich finde deinen Blog sehr interessant.

Grüße und Segen
Klaus
2020-04-19 21:39:31
Hallo Klaus,

danke für dein Lob! Lass uns gern digital im Gespräch bleiben.

Viele Grüße

Thomas
pneumatheou
2020-09-28 15:51:21
Das Schöne daran ist der Frieden, der Trost, ja die Liebe Gottes darin. Aber auch, dass man - alles Irdische - in diesem Leben gerne loslässt und sich nicht mehr daran klammert oder versucht sich daran festzuhalten. Was unsere Freunde betrifft, die sich entweder schon voraus und warten auf uns und die anderen werden uns noch folgen und wir sie begrüssen dürfen. Somit ist alles gut. Und wenn es nicht gut ist, dann war es noch nicht alles. ... Gott ist gut, immer und überall.
2020-09-28 17:12:09
Die Güte Gottes ist ein wichtiges und tröstliches Glaubensgut, auch wenn es manchmal nicht einfach ist, an sie zu glauben; dann müssen wir gegen unsere Erfahrung, die vielleicht gerade nicht so viel Gutes enthält, anglauben. Ich hoffe auch, wenn ich vor dem Tod stehe, dass mir die Gnade gegeben wird, alles Irdische gerne loszulassen ...
pneumatheou
2020-09-28 22:37:27
Vielleicht kommst auch Du eines Tages an den Punkt an dem unser Freund Paulus bedrängt war in Philipper 1. An Güte Gottes darfst und solltest du gerne glauben, weil das alles hier nur der Anfang ist. Der freie Wille hat diese Realität der Unvollkommenheit gestaltet. Mit der neuen Persönlichkeit gibt eine andere und passende Realität nach dem Tod. Hab nur Vertrauen in Jesu himmlischen Vater, bei aller Grausamkeit und allem Schmerz und Unverständnis. Denk an Hiob, an Jakob, an Jesus, an ...
2020-09-30 18:02:22
Ich denke, wir können um die Freude im Leid, die Paulus erfahren hat, nur bitten - und sie dankbar empfangen
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