Taylor Swift und Jesus
Ein Blick auf ihre Unterschiede im Gemeinsamen
Klaus Straßburg | 26/07/2024
Taylor Swift bricht alle Rekorde. Die Künstlerin, deren Deutschland-Tournee in diesen Tagen zu Ende geht, gehört zu den erfolgreichsten Musikern aller Zeiten. Sie erhielt bereits zahllose Auszeichnungen und wurde von der Zeitschrift "Time" 2023 zur Person des Jahres gekürt. Von der Universität New York erhielt sie die Ehrendoktorwürde.
Viele haben schon versucht, dem Phänomen Taylor Swift auf die Spur zu kommen. Ich bin kein Experte auf dem Gebiet, aber mich interessiert, was die Person Taylor Swift für Millionen Menschen so anziehend macht – und wie sich ihre Anziehungskraft zu der verhält, die Jesus auf viele Menschen ausübt.
1. Die Künstlerin Taylor Swift
Ein wichtiger Grund für Taylor Swifts Anziehungskraft sind zweifellos ihre Songtexte. Swift schreibt ihre Texte selbst oder schreibt zumindest an ihnen mit und erzählt in ihnen Geschichten vom Leben. Oft geht es um Liebesbeziehungen, deren Probleme und Trennungen. Damit trifft sie offensichtlich ein Thema, das auch ihre Fans bewegt.
Swift verarbeitet darin auch ihre eigenen Erfahrungen. Dadurch wird sie zur Identifikationsfigur: Wer erlebt, was sie besingt, kann sich darauf berufen, dass Swift Ähnliches erlebt hat und es durchgestanden hat. Das macht Mut, im Schweren nicht zu verzweifeln, sondern es zu bewältigen: Wenn sie das geschafft hat, kann ich es auch schaffen.
Swift gibt dabei ihre eigene Verletzlichkeit zu. Als verletzlicher Mensch aber geht sie ihren Weg und bleibt sich treu. In ihrem Song Willow singt sie von der Abhängigkeit von einem Mann, dem sie sich beinahe willenlos anpasst. Zugleich macht sie aber Mut, allen Erwartungen zum Trotz auch Nein zu sagen – selbst noch vor dem Traualtar (im Song Speak now).
Darüber hinaus ermutigt sie Frauen, sich selbstbewusst für ihre Rechte einzusetzen – so, wie sie selbst es tat. Sie ließ sich von ihrem Plattenverlag nicht unter Druck setzen und forderte die Rechte der Künstlerinnen und Künstler an ihren Werken ein. Sogar gegen den mächtigen Apple-Konzern setzte sie sich durch.
Man hat auch versucht, Swift politisch zu vereinnahmen, was sie aber nicht zuließ. Stattdessen traut sie sich, politisch Stellung zu beziehen, auch wenn sie über politische Fragen nicht bis ins Letzte informiert ist, wie sie selbst zugibt. Offensichtlich äußert sie sich so, wie es der "gesunde Menschenverstand" ihr nahelegt. Zu ihrem Engagement gehört auch, dass sie sich für diffamierte Minderheiten einsetzt und immer wieder große Summen für wohltätige Zwecke spendet.
Musikalisch hat sie bereits mehrere Stilwechsel vollzogen. Das spricht für ihre musikalische Bandbreite und ihr Talent. Sicher ist ihre Musik Geschmackssache. Sie mag nicht besonders anspruchsvoll sein, aber die Melodien sind eingängig und zum Teil gut tanzbar. Sie machen Freude, und in Verbindung mit ihren Texten sprechen sie offensichtlich viele Menschen an. Ihre Texte werden auch von ihren Kritikern als literarisch gut beurteilt.
Bei alledem ist Swift sicher eine kluge Geschäftsfrau. Sie weiß, was sie tut und wie sie die Massen begeistern kann. Wenn sie in ihrem Song Anti-Hero sich selbst als Anti-Heldin darstellt und von Depressionen spricht, von nächtlicher Unruhe, von als Altruismus getarntem Narzissmus und Planlosigkeit, könnte man das als unehrlich bezeichnen. Sie singt, dass sie nicht schlauer werde und nicht sexy sei, sondern ein Monster – alles andere als eine Heldin.
Wenn sie tatsächlich ihre Karriere dezidiert und überlegt plant, statt Depressionen Durchsetzungskraft zeigt und sich auf der Bühne sexy darstellen kann, könnte man ihr vorwerfen, dass sie sich geschickt in die Probleme vieler Menschen hineinversetzt und so tut, als sei sie selbst auch von diesen Problemen betroffen. Das scheint aber nicht wirklich der Fall zu sein.
Indem sie aber die Probleme vieler Menschen anspricht, auch wenn sie selbst offenbar nicht unmittelbar von ihnen betroffen ist, ist sie für ihre Fans eine Heldin. Sie wird als Pop-Ikone verehrt, und der damit oft verbundene Personenkult bleibt nicht aus, wird wohl auch von Swift gefördert, jedenfalls nicht von ihr eingedämmt. Der Personenkult ist im Musikgeschäft nichts Neues. Er kam mir persönlich immer schon bedenklich vor.
Ein weiterer Punkt wurde an ihr kritisiert, nämlich die Flüge mit ihrem Privatjet. Darunter waren auch sehr kurze Flüge. Der kürzeste dauerte nur 36 Minuten. Allein mit ihren Flügen soll sie zwischen Januar und Juli 2022 das 1.185fache einer Durchschnittsperson an CO2 ausgestoßen haben.
Ich weiß nicht, warum sie das tut. Ich kann mir aber vorstellen, dass ein Leben mit Stückeschreiben, Proben, Studioaufnahmen, Fototerminen, Konzerten usw. sehr einsam machen kann und dass sie diese Einsamkeit dadurch umgeht, dass sie zwischen all den Terminen kurz mal Familie oder Freunde besucht. Das könnte ich gut nachvollziehen.
Rechtfertigen will ich ihren enormen CO2-Ausstoß damit nicht. Wenn man ein Künstlerleben auf diesem Niveau führen will, braucht man vielleicht diese Möglichkeit des Privatjets, will man nicht irgendwann emotional verarmen oder seine Einsamkeit mit Drogen betäuben. Allerdings kann man wählen, ob man den CO2-Preis für dieses Leben zu zahlen bereit ist oder nicht.
2. Der Wanderprediger Jesus
Taylor Swift kann man kaum mit Jesus vergleichen – zu unterschiedlich scheinen sie zu sein und zu unterschiedlich sind die Zeiten, in denen sie wirkten. Es war eine vollkommen andere Welt, in der Jesus lebte. Kurzzeitig jubelten die Massen auch ihm zu, als er in Jerusalem einzog (z.B. Mt 21,8f). Aber dieser Ruhm währte nur kurz. Wenig später forderten die Massen seine Kreuzigung (z.B. Mt 27,23-25).
Das Kreuz wurde zum wichtigsten Symbol der Christenheit. Am Kreuz hängt aber keine strahlende Siegerfigur, sondern ein einsam und qualvoll sterbender Wanderprediger, der gescheitert zu sein scheint. Dieser Gekreuzigte ist, für sich allein genommen, bestimmt keine Identifikationsfigur. Niemand möchte so enden wie er. Umso erstaunlicher, dass er bis heute unzählige Anhänger weltweit hat – wahrscheinlich weit mehr als Taylor Swift.
Ein Sterbender ist für uns niemals ein schöner Anblick. Jesus ist aber mehr als der am Kreuz Sterbende. Jesus hat vor seinem Tod etwa drei Jahre lang öffentlich gewirkt. Was wir von seinem aktiven Leben als Prediger wissen, ist uns in den biblischen Evangelien überliefert.
Die Evangelien sind Verkündigungsschriften. Sie sind auch erst einige Jahrzehnte nach Jesu Tod verfasst worden. Was wir dort lesen, ist nicht immer genau so geschehen. Aber die Evangelien bieten uns dennoch ein authentisches Bild dessen, was Jesus wollte, was er tat und sagte und wie er schließlich starb. Und sie erzählen einhellig davon, dass sein Tod nicht das Ende für ihn war.
Jesus war ein Mensch, der sich ganz den Schwachen seiner Zeit zuwandte. Er pflegte Gemeinschaft mit denen, mit denen damals niemand etwas zu tun haben wollte: offenkundige Sünder, Huren, Frauen, die heute manchmal "Schlampen" genannt werden, geldgierige Betrüger und Kollaborateure mit der römischen Besatzungsmacht. In der Bibel werden sie zusammengefasst "Zöllner und Sünder" genannt (z.B. Mt 9,10-12).
Außerdem wird berichtet, dass Jesus immer wieder Kranke heilte. Auch die Kranken gehörten zu den vom Gemeinschaftsleben Ausgeschlossen. Ein soziales Netz gab es nicht. Wer krank war und nicht für seinen Lebensunterhalt sorgen konnte, musste betteln. Jesus sah das Leid dieser Menschen und machte sie gesund – ohne Bezahlung, ohne Gegenleistung.
Jesus rief auch zu einer Veränderung des Lebens auf: zu echtem Glauben an Gott und zur wahrhaftigen Liebe zu den Mitmenschen. Er verkündete, dass nicht die irdischen Machthaber die Welt regieren, sondern der Gott, den er seinen Vater nannte. Dessen Reich des Friedens und der Gerechtigkeit sei bereits angebrochen (Mk 1,14f). Nicht der Kommerz, der sogar im Jerusalemer Tempel Einzug gehalten hatte, sollte das Leben bestimmen (z.B. Mt 21,12f). Das Leben bestimmen sollte vielmehr das Vertrauen zu Gott, der mitten im chaotischen Weltgeschehen, mitten in der gewalttätigen und ungerechten Welt Frieden und Gerechtigkeit wirkt (z.B. 1Mo/Gen 50,20; Mt 6,23-34).
Bei alledem war Jesus irdischen Freuden nicht abgeneigt. Er hat offensichtlich gern und gut in Gemeinschaft mit anderen gegessen, wie das Lukasevangelium an zahlreichen Stellen berichtet (z.B. Lk 5,29f; 15,1f). Und er hat auch die Freuden großer Feierlichkeiten genossen, wie es zum Beispiel von einer Hochzeitsfeier erzählt wird, deren Gelingen er sogar gerettet hat (Joh 2,1-11).
Jesu Botschaft kann man vielleicht so zusammenfassen: Ich bin bei euch, ich verlasse euch nicht, ich helfe euch in der Not. Ich bin gerade auch für die Außenseiter, Benachteiligten, Gemobbten und Gemiedenen da. Und für die, die schuldig geworden sind. Ich vergebe ihnen im Namen Gottes ihre Schuld. Darum glaubt an Gott und sein Handeln in der Welt. Wenn ihr das tut, werdet ihr niemals die Hoffnung verlieren.
Doch Jesu Botschaft und sein Handeln kamen bei denen, die damals religiös das Sagen hatten, nicht gut an. Solch große Nähe zu den "Zöllnern und Sündern" war ihnen dann doch zu viel. Darum beschlossen sie schließlich, Jesus zu beseitigen.
Jesus hätte sich dem gut entziehen können. Er hätte seine Gemeinschaft mit Zöllnern und Sündern einschränken können. Er hätte vor seinen Verfolgern ins Ausland fliehen können. Er hätte Gott zu Hilfe rufen können, damit er seine Verfolger sterben lässt (Mt 26,53). Doch Jesus hat all das nicht getan.
Warum nicht? Weil er seine Liebe zu den Zöllnern und Sündern durch keinen Kompromiss einschränken wollte. Weil er nicht einfach weglaufen und sie allein lassen wollte. Und weil er sogar seinen Verfolgern nicht das Leben nehmen wollte.
Jesus wollte lieber selbst Leid und Tod auf sich nehmen, statt anderen Leid und Tod zuzufügen.
So wurde er zum Verkannten und Verfolgten, schließlich zum grausam Hingerichteten. Aber nur so ist seine Liebe zu den Zöllnern und Sündern glaubwürdig geblieben. Alles andere hätte dazu geführt, dass man von ihm sagte: "Seht nur, der uns angeblich über alles liebt: Sein eigenes Leben ist ihm doch wichtiger als unseres."
Jesus starb also am Kreuz, weil er seine Liebe konsequent lebte. Wäre das sein Ende gewesen, könnte man nur den Schluss ziehen: Liebe zahlt sich doch nicht aus. Wer in dieser Welt liebt, bezahlt das mit seinem Leben. Und wenn er nicht mehr lebt, kann er nicht mehr lieben.
Doch Jesu Geschichte ging nach seinem Tod noch weiter. Das ist ein entscheidender Punkt des christlichen Glaubens: Jesus blieb nicht einfach tot – wie auch immer man sich das vorstellt. Er lebt ewig an der Seite Gottes. Und mit ihm lebt auch seine Liebe weiter.
Jesus liebt auch heute noch die Zöllner und Sünder. Er leidet mit den Kranken, mit den Ausgegrenzten, mit den Gequälten. Und er wird sein ewiges Reich aufrichten, von dem es in der Bibel heißt (Offb 21,3f):
Gott wird bei ihnen [nämlich den Menschen] wohnen und [...] bei ihnen sein. Und er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen, und der Tod wird nicht mehr sein, und kein Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste [nämlich die Welt des Leidens] ist vergangen.
Was hier beschrieben wird, ist die letzte Zukunft der Welt. Und es ist das letzte Ziel der Hoffnung für alle, die an Jesus glauben.
Heute ist es schwer zu vermitteln, dass der am Kreuz gestorbene Jesus leben soll. Denn wir glauben nur, was wir mit unseren Augen sehen. Und dass es ein Leben nach dem Tod gibt, können wir nicht mit unseren Augen sehen.
Es ist aber ein schwaches Argument, dass es nur das geben kann, was wir mit unseren Augen sehen können. Denn warum sollte es eigentlich nicht mehr geben als das, was uns vor Augen ist?
Das Symbol des Kreuzes, das für die Christenheit zum Siegeszeichen geworden ist, funktioniert nur, wenn man die Voraussetzung mitmacht: dass Jesus nach seinem Tod am Kreuz ins Leben zurückgekehrt ist. Und zwar in ein anderes, vollkommenes Leben bei Gott.
Wenn man diese Voraussetzung mitmacht, wird das Kreuz zum Symbol der Hoffnung für alle, die so elendig dran sind wie Jesus am Kreuz: zum Symbol der Hoffnung für die Verfolgten, Gequälten, Verurteilten, Gemobbten, Ausgegrenzten, schuldig Gewordenen und so weiter und so fort.
Insofern war Jesus ein Anti-Held: keiner, der im hellen Scheinwerferlicht von den Massen bejubelt wurde. Sondern einer, der seine liebevolle Hinwendung zu den Menschen teuer bezahlte, weil er um jeden Preis an ihr festhalten wollte. Einer, dem es nicht um sich selbst ging.
Mit dem Begriff Anti-Held sind wir wieder bei Taylor Swift gelandet. Denn sie hat sich ja selbst als Anti-Heldin bezeichnet.
3. Die Unterschiede im Gemeinsamen
Taylor Swift ist für viele ihrer Fans eine Heldin, auch wenn sie sich als das Gegenteil bezeichnet. Dass Popstars als Helden verehrt werden, ist aber nichts Neues. Meine musikalischen Helden in der Jugend waren unter anderem die Beatles, die Rolling Stones, Deep Purple und Led Zeppelin. Manche von ihnen zierten auf großen Postern mein Jugendzimmer.
Im Jahr 1971 wurde die Rockoper Jesus Christ Superstar von Andrew Lloyd Webber in New York uraufgeführt. Darin wurde Jesus als eine Art Held gefeiert. Jesus eignet sich allerdings überhaupt nicht für die Rolle eines Superstars nach unseren heutigen Vorstellungen. Es ist schon merkwürdig: Taylor Swift, die ohne Frage ein Superstar ist, stellt sich als Anti-Heldin dar; und Jesus, der zu unseren Vorstellungen von einem Superstar absolut nicht passt, wird eine Helden-Rolle zugeschrieben.
Trotz der kolossalen Unterschiedlichkeit zwischen Jesus und Taylor Swift gibt es aber auch Gemeinsamkeiten. Es zeigt sich dabei, dass das, was beide miteinander verbindet, sie zugleich voneinander unterscheidet.
a) Identifikationsfiguren
Man kann wohl sagen, dass sowohl Jesus als auch Taylor Swift in jeweils ihrer Weise Identifikationsfiguren sind. Mit dem gekreuzigten Jesus möchte sich wahrscheinlich niemand einfach identifizieren. Aber wenn man Jesu Leben bedenkt und seinen Tod als äußerste Konsequenz seiner Zuwendung zu den Schwachen und Verachteten versteht, kann er als Vorbild und Identifikationsfigur dienen. Er war ja der Menschenfreund, der für die Benachteiligten und Vergessenen auf der Schattenseite des Lebens da war, und zwar so sehr, dass er für sie sein eigenes Leben hingab.
Eine Menschenfreundin ist wahrscheinlich auch Taylor Swift. Dass sie große Summen spendet, zeigt, dass sie nicht alles für sich allein haben will, sondern auch an die in Not Geratenen denkt. Das macht ihre Liedtexte, mit denen sie Menschen Mut macht, ein Stück weit glaubwürdig und trägt dazu bei, dass man sich mit ihr identifiziert. Man möchte ein Stück weit so sein wie sie: so mutig, so menschenfreundlich und vielleicht auch so reich und berühmt.
Genau das ist aber auch Swifts Problem: Sie ist nicht wirklich in derselben Situation wie ihre Fans. Sie lebt auf einem anderen Niveau. Das unterscheidet sie von Jesus, der nicht mehr besaß als seine Jüngerinnen und Jünger. Und er pflegte die Nähe zu den sozial Geächteten, um ihnen durch seine Gemeinschaft mit ihnen Mut zu machen. So können sich gerade die Armen und Verachteten auch heute noch mit Jesus identifizieren. Schließlich wurde ja auch Jesus ein Verachteter.
Taylor Swift ist ein Beispiel für die Fähigkeit der Musik, Menschen in den Tiefen ihrer Seele anzusprechen, ihnen Freude zu bereiten und ihnen Mut zu machen. Auch für mich hatte Musik in meiner Jugend eine große Bedeutung. Das schloss aber nicht aus, dass auch Jesus für mich wichtig war. Heute gibt es sogar christliche Rockmusik. Wenn sie ehrlich gemeint ist und keinen Personenkult pflegt, kann sie junge Menschen für Jesus Christus begeistern. Das sollte den Kirchen, die ihre Gottesdienstpraxis hauptsächlich an Jahrhunderte alten Traditionen und Gesängen orientieren, zu denken geben.
b) Mutmacher
Taylor Swift kann anderen Menschen Mut machen, weil sie begabt, gesund, leistungsfähig und erfolgreich ist. Und ihre Ermutigung besteht darin, es ihr gleichzutun: gegen Widerstände anzugehen, sich nicht unter Druck setzen zu lassen, Enttäuschungen zu überwinden und für die eigenen Rechte zu kämpfen. Was aber, wenn das nicht möglich ist, weil die Gegenmächte zu groß sind oder die eigenen Kräfte nicht ausreichen?
Ich will damit sagen, dass der menschlichen Durchsetzungsfähigkeit Grenzen gesetzt sind. Es ist nichts dagegen einzuwenden, das eigene Leben mutig und kraftvoll in die Hand zu nehmen. Man sollte sich jedoch klarmachen, dass die Selbstbestimmung an Grenzen stößt. Eine Krankheit, ein Trauma oder einfach die Begegnung mit einem, der mehr Macht hat als ich selbst, können der Selbstverwirklichung schnell ein Ende setzen.
Jesus machte den Menschen Mut, indem er ihnen die unverbrüchliche Liebe Gottes verkündete und ihnen selbst mit Liebe begegnete. Er wusste um die Grenzen menschlicher Kräfte und verwies deshalb auf die Kraft Gottes. Er machte Mut und Hoffnung sogar über den Tod hinaus. Spätestens angesichts des Todes müsste allen Menschen klar sein, dass ihre Kräfte zur Selbsthilfe begrenzt sind – und dass dann nur einer helfen kann, der stärker ist als der Tod.
Damit soll nichts gegen ermutigende Worte, Freude bereitende Musik, Tanz und Begeisterung gesagt sein. Das alles kann die Lebenskraft fördern. Es soll aber davor gewarnt werden, die eigenen Kräfte zu überschätzen – und bei ihrem Versagen in ein umso tieferes Loch zu fallen. Träume können schnell zerplatzen, wenn unsere Kräfte uns verlassen. Eine Lebenskrise mag stärker sein als unsere Selbstheilungskräfte. Freunde können uns verlassen, ohne dass wir sie aufhalten können. Dann hilft nur, einen Freund zu haben, der uns niemals verlassen wird. Der für uns durchs Feuer geht – oder ans Kreuz. Ein Gott, mit dem man über Mauern springen kann (Ps 18,30).
c) Begeisternde
Es geht also, wenn wir anderen Mut machen wollen, darum, ehrlich zu sein, das heißt die eigenen Grenzen und die der anderen nicht zu verschweigen. Sonst endet die Begeisterung schnell in einer Enttäuschung.
Taylor Swift kann mit ihrer Musik und ihren Texten begeistern. Jesus begeistert bis heute unzählige Menschen mit seiner Botschaft und seinen Taten. Aber Begeisterung ist ein zweischneidiges Schwert. Denn wenn sie nicht in der Tiefe der Seele gründet, ist sie nur ein kurzfristiges Gefühl, von dem man sich mitreißen lässt – und das schnell verpufft, wenn das Leben mit seinen ungelösten Problemen uns wieder einholt.
Anhaltende Begeisterung ist eine langsam wachsende Pflanze im Herzen. Sie geht durch Höhen und Tiefen und wächst an beidem. Sie ist keine kurzzeitige Emotion, sondern ein dauerhaftes Lebensgefühl. In diesem Sinne kann man sich für Jesus begeistern. Dieses Lebensgefühl geht auch durch Zweifel und Enttäuschungen hindurch und hält dennoch an Jesus fest.
Natürlich gehören auch kurzfristige Begeisterungen und Erlebnisse der Freude zu unserem Leben. Sie sind unbedingt notwendig und können über Schweres hinwegtragen. Das Verdienst Taylor Swifts und aller Popstars ist es, solche Erlebnisse erzeugen zu können.
Darüber hinaus aber brauchen wir etwas, das langfristig wirkt, das uns lebenslang Halt gibt – bis hin zu den tiefsten Krisen unseres Lebens. Etwas – oder besser gesagt: einen, der von Depressionen nicht nur singt, sondern in ihnen nicht von unserer Seite weicht und sie mit uns erträgt. Einen, mit dem wir in unseren Stunden der Angst sprechen können. Einen, der uns Befreiung von Krieg, Krankheit und Tod versprochen hat und seine Versprechen halten wird.
So haben Künstlerinnen wie Taylor Swift ihre Berechtigung und tragen ihren Teil zu unserem Glück bei. Die Freude, die mir die Beatles und andere Bands machten, haben mein Leben bereichert. Das Konzert Paul McCartneys in Köln, das ich erlebte, werde ich nie vergessen.
Und doch weiß ich, dass all dies zwar ein bereicherndes, aber ein kleines und vergängliches Glück ist. Und dass das größte Glück meines Lebens eben jener Jesus ist, der die Liebe Gottes verkündet und gelebt hat. Und der durch Leid und Tod hindurch zum unvergänglichen Leben gekommen ist.
Er hat allen, die sich mit ihm identifizieren und in der Tiefe der Seele für ihn begeistern, versprochen, dass sie denselben Weg gehen werden: durch Leid und Tod hindurch zu einem unvergänglichen Glücklichsein.
* * * * *
Verwendete Quellen zur Person Taylor Swift:
- https://de.wikipedia.org/wiki/Taylor_Swift
- https://www.swr.de/swrkultur/musik-jazz-und-pop/popikone-und-beste-freundin-warum-lieben-alle-taylor-swift-swr2-forum-2024-02-05-100.html
- https://www.swr.de/swrkultur/musik-jazz-und-pop/taylor-swift-10-fakten-um-den-hype-zu-verstehen-102.html
Foto: ktphotography auf Pixabay.