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Gottes Winke und die Geduld

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Veröffentlicht von in Lebenshilfe · 22 August 2021
Tags: EntscheidungenWarten

Gottes Winke und die Geduld
Klaus Straßburg | 22/08/2021

Es gibt wichtige Entscheidungen, bei denen ich manchmal nicht weiß, wie ich mich entscheiden soll. Trotz aller Überlegungen komme ich nicht weiter. Dann bitte ich Gott, er möge mir einen Wink mit dem Zaunpfahl geben. Oder auch nur mit einem Pfählchen. Jedenfalle hoffe ich, dass er irgendwie meine Gedanken in die richtige Richtung lenkt.

Leider habe ich manchmal das Gefühl, dass Gott mit unterschiedlichen Pfählen winkt, also in unterschiedliche Richtungen weist.

Ich könnte auch sagen: Gott drückt sich nicht deutlich aus. Es scheint mir, als zeige er mal in die eine Richtung, mal in die andere.

Was soll ich davon halten? Weiß Gott auch nicht, wo's langgeht?

Das will ich jetzt mal nicht annehmen.

Oder nuschelt Gott so unverständlich, dass man ihn wirklich nicht verstehen kann?

Ich glaube schon, dass er eine deutliche Sprache spricht.

Eine dritte Überlegung ist viel dramatischer: Gibt es Gott vielleicht gar nicht?

Das mag ich nun aber erst recht nicht annehmen. Wenn ich nicht gleich eine deutliche Wegweisung Gottes empfange, kann das doch wohl kein Beweis dafür sein, dass es IHN nicht gibt.

Wenn ich diesen Schluss ziehen würde, dann würde ich mich doch wirklich ein bisschen zu ernst nehmen.

Die vierte Möglichkeit würde besagen: Ich interpretiere Gottes Winke oder das, was ich für seine Winke halte, nicht richtig.

Dann liegt der Schwarze Peter bei mir. Und wie werde ich ihn wieder los?

Dazu brauche ich wohl etwas Geduld. Geduld fällt mir schwer. Aber es nützt alles nichts.

Geduld (oder „Langmut") ist auch ein biblisches Thema. Dabei geht es zum einen um Gottes Geduld mit uns (z.B. Ex 34,6; Neh 9,30; Ps 86,15; Joel 2,13; Röm 15,5). Zum anderen geht es aber um unsere eigene Geduld (z.B. Lk 8,15; 21,19; Röm 2,7; 5,3f; 8,25; 2Kor 1,6; 6,4; Hebr 10,36). Wir sollen gerade in schwierigen Situationen geduldig sein – getrost abwarten, bis Gott uns weiterhilft.

Wenn Gott mit uns Geduld hat, sollten wir dann nicht auch Geduld aufbringen, bis seine Hilfe uns erreicht?

Wenn ich zurückblicke, muss ich sagen: Eigentlich hat mich Gott immer gut geleitet. Es gibt zwar auch Dinge, bei denen ich denke: Da wäre eine andere Entscheidung besser gewesen. Aber wer weiß schon, ob das stimmt?

Jedenfalls lohnt sich Geduld bei Gott immer. Er wird zu seiner Zeit deutlich reden und weiterhelfen.


* * * * *



6 Kommentare
Hans-Jürgen Caspar
2021-08-23 19:01:11
Hallo Klaus,

mit der Geduld hast Du sicherlich recht.

In Deiner obigen Aufstellung fehlt (obwohl sie angedeutet wird) die Möglichkeit, dass wir Gott missverstehen, und nicht nur wir, sondern auch einzelne Autoren der Bibel und deren moderne Ausleger.

Ein Beispiel hierfür sind es die Verse 3 bis 8 und 10 bis 15 von Psalm 91, https://www.bibleserver.com/HFA/Psalm91. Geschrieben hat sie ein Mensch, nämlich der Psalmist (oft wird König David genannt), und ein Mensch kann sich irren.

Die Verse stimmen nicht, sind unwahr, um nicht zu sagen: falsch. Geschichte und Gegenwart enthalten unzählige Gegenbeispiele. Das neueste ist die wiederholte Machtübernahme der Rebellen in Afghanistan. Andere werden schon seit langem in der Christenverfolgung in großen Teilen der Welt sichtbar.

Viele Grüße
Hans-Jürgen
2021-08-23 21:45:09
Hallo Hans-Jürgen,

dein Beitrag thematisiert die wichtige Frage nach der Geltung der biblischen Schriften. Wie du auf der Themenseite unter dem Stichwort "Bibelverständnis" sehen kannst, habe ich mich in diesem Blog schon mehrfach dazu geäußert. Das zeigt die Wichtigkeit und Dringlichkeit dieses Themas.

Vielleicht zu Beginn eine grundsätzliche Anmerkung: Wie du zu recht feststellst, ist der Ps 91 von einem Menschen geschrieben. Das gilt freilich für ALLE biblischen Schriften: Sie alle sind von Menschen geschrieben. Das unterscheidet das christliche Verständnis der Bibel vom muslimischen Verständnis des Korans, nach welchem der Koran von Gott selbst geschrieben wurde.

Ich stimme dir auch darin zu, dass Menschen sich irren können, und bestreite gar nicht, dass es Bibelstellen gibt, bei denen wir fragen müssen, ob sie Gott und seinen Willen in rechter Weise darstellen. Ich würde alle Schriftstellen am Kern der christlichen Bibel, und das ist Jesus Christus, messen. Ich würde also nicht von unserem (doch sehr zeitbedingten!) Verstand ausgehen und ihn als Maßstab setzen, sondern Maßstab ist das, was Jesus Christus war und wollte. Martin Luther sagte: "Was Christum treibet", also was ihn zum Inhalt hat.

Es gibt auch andere Versuche, den Kern der Bibel zu formulieren, an dem alle Schriftstellen zu messen sind. Sie jetzt zu diskutieren, würde zu weit führen. Wichtig ist mir nur, dass wie den Maßstab für das, was gültig ist, in den Schriften selbst suchen und nicht in unserer fehlbaren Vernunft.

Vielleicht ist es sinnvoll, das einmal an Ps 91 durchzuexerzieren. Der Psalm ist ein Zeugnis sehr persönlichen Gottvertrauens. Der Dichter macht hier keine „dogmatischen" Aussagen, sondern bezeugt seinen persönlichen Glauben. Dieser ist von einem tiefen Gottvertrauen geprägt. Welche Erfahrungen dahinter stehen, wissen wir nicht. Aber es wird deutlich, dass Bedrohungen und Leiden nicht einfach ausgeblendet, sondern benannt werden.

Ein Anstoß kann sich freilich daran erregen, dass der Eindruck erweckt wird, dem Glaubenden könne kein Leid widerfahren. Es ist doch nicht wahr, möchte man einwenden, dass alle Glaubenden vor der Pest und jeder anderen Plage errettet werden oder ungeschoren über Löwen und Ottern gehen können.

Nun wird man kaum annehmen können, dass diese Äußerungen wörtlich gemeint waren. Auch dem Psalmdichter wird ja nicht verborgen geblieben sein, dass viele Glaubende an der Pest starben und andere durch Löwen zu Tode gekommen sind. Wenn diese Aussagen aber nicht wörtlich zu verstehen sind, dann muss es sich um metaphorische Rede handeln. Der orientalische Mensch redet noch viel mehr als wir in Bildern. Das wird auch in der Bibel immer wieder deutlich.

Was ist aber mit diesen Bildern gemeint? Ich verstehe sie so, dass sich der Psalmdichter trotz aller Bedrohungen und Nöte bei Gott geborgen fühlt. Wahrscheinlich hat er die Erfahrung gemacht, in höchster Todesnot errettet worden zu sein. Und wenn er den sein Lied Hörenden oder es heute Lesenden zuruft, dass es bei ihnen ebenso sein wird, dann ist das ein lyrischer Zuspruch der rettenden Macht Gottes und ein Aufruf zum Gottvertrauen. Er will sagen: Gott kann auch dein Schutz und Schirm sein und dich aus aller Not erretten. Traue ihm das nur zu!

Wie gesagt, die Dichtung des Psalms ist keine theologische Abhandlung und auch keine Predigt. Ich würde natürlich niemals in einer Predigt sagen: „Gott wird dich vor aller Krankheit (Pest) bewahren. Du kannst auch ruhig über Giftschlangen laufen, es wird dir nichts passieren." Aber halten wir doch bitte den Psalmdichter nicht für so naiv, dass er eine solche Botschaft unter die Leute bringen wollte.

Die metaphorische Aussage hinter diesen Bildern kann doch nur sein: Wie groß die Gefahr und die Not auch immer sein mag: Gott kann dich retten! Du kannst ihm bedingungslos vertrauen. Er ist immer an deiner Seite, auch in der größten Not. Letztlich ist er auch an deiner Seite, wenn es ans Sterben geht. Das heißt nicht, dass du nie wieder leiden wirst. Aber es heißt, dass das Leid nicht das Letzte ist. Das alles ist in Lyrik gefasst, in künstlerische Ausdrucksweise gekleidet, so wie es auch heute geschieht.

Ein frühes Gedicht von Reiner Kunze:
Rudern zwei / ein boot, / der eine / kundig der sterne, / der andre / kundig der stürme, / wird der eine / führn durch die sterne, / wird der andere / führn durch die stürme, / und am ende ganz am ende / wird das meer in der erinnerung / blau sein.
(aus: Reiner Kunze: gespräch mit der amsel. S.Fischer Verlag, Frankfurt 1984, S. 9)

Es ist überhaupt nicht ausgemacht, dass das Boot nicht im Sturm untergehen und sich in den Weiten des Meeres verirren wird oder dass das Meer in der Erinnerung blau sein wird. Aber die Liebe verheißt es dennoch, und der Künstler verleiht der Stärke dieser Liebe Ausdruck.

Ein anderes Beispiel: Paul Simon sang vor vielen Jahrzehnten in seinem Lied „Bridge over troubled Water":
When you're weary, feeling small, / when tears are in your eyes, I will dry them all. / I'm on your side, oh, when times get rough, / and friends just can't be found / like a bridge over troubled water I will lay me down.

Der Liebende verspricht hier etwas, wovon er nicht weiß, ob er es wird halten können. Dennoch ist seine Liebe so groß, dass er seinen Wunsch als eine unbezweifelbare Wirklichkeit formuliert – und wir stoßen uns nicht daran. Im Gegenteil: Ich finde, es ist eins der schönsten Liebeslieder, die es gibt.

Wenn wir das Glaubenszeugnis des 91. Psalms entsprechend deuten, dann kann man seine Aussagen als Verheißungen des liebenden Gottes verstehen – wobei gar nicht gemeint ist, dass wir nie wieder leiden werden, sondern dass in allem Leid der Schutz Gottes erhalten bleibt. Ich kann mein Gottvertrauen nur in diesem Sinne verstehen: nicht als Leidfreiheit, sondern als Geborgenheit IN allem Leid. Und so verstehe ich auch die Aussagen des Psalms 91: keine absurden Versprechungen, bei denen jeder Mensch sofort erkennt, dass sie nicht haltbar sind; sondern Verheißungen von Gottes Bewahrung gerade in der Not und auch in Todesnöten.

Der bekannte Ps 23 sagt ja: „Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich KEIN Unglück; denn du bist bei mir." Wenn ER bei uns ist, dann ist uns alles gegeben, was wir brauchen.

Lieber Hans-Jürgen, sicher ließe sich noch endlos viel mehr dazu schreiben. Ich habe es diesmal so versucht. Und ich glaube tatsächlich, dass die Gegenwart Gottes bei uns in den größten Nöten und seine Liebe, in der er ewig bei uns sein und uns bei sich haben will, allen Nöten ihre Sinnlosigkeit und Hoffnungslosigkeit nehmen – auch wenn sie noch sehr, sehr schmerzhaft sein mögen.

Viele Grüße
Klaus
2021-08-24 12:27:46
Hallo Klaus,

das mit den Löwen, Ottern, Engeln und dem Stein - alles schön und nett metaphorisch, und jeder kann sich selbst dabei denken, was er will. Bei der Pest hingegen wird der Psalmist sehr klar und eindeutig. Vers 7 lautet in der Übersetzung von Hoffnung für Alle: "Wenn tausend neben dir tot umfallen, ja, wenn zehntausend um dich herum sterben - dich selbst trifft es nicht!" Was für eine egoistische, d. h. ichbezogene, und dabei unrealistische Aussage! Der seinerzeit sehr berühmt gewesene englische Baptistenpastor C. H. Spurgeon (1834-92) schrieb in einer ermüdend langen Auslegung (click oben) von Psalm 91: "In Kriegszeiten ist der Psalm, in den betreffenden Sprachen auf starkem Papier gedruckt, zu Zehntausenden von christlichen Freunden unter den sich gegenüberstehenden Heeren verteilt worden." Sollte wohl eine Art Amulett sein, was Spurgeon allerdings bestreitet.

Insgesamt ist der Psalm nach meinem Eindruck für heutige, schwere Übelstände: vom Schwert bedrohte Christen, brennende Bibeln, Häuser, Kirchen, nicht geeignet. Was die Bibel sonst hierzu bietet, weiß ich nicht.

Viele Grüße
Hans-Jürgen
2021-08-24 15:38:36
Hallo Hans-Jürgen,

nur noch ein Gedanke dazu, der mir leider erst jetzt kam: Wie die Verse 1 und 2 des Psalms zeigen, geht es um einen Menschen, der "unter dem Schirm des Höchsten wohnt" und "im Schatten des Allmächtigen ruht". Es geht also um einen Menschen, den Gott aktuell schützt. Nur ein solcher Mensch, der im Augenblick Gottes Schutz genießt, kann sich sicher fühlen - solange Gott seinen Schutz aufrecht erhält. Anders gesagt: Es ist immer zu ergänzen: "wenn Gott es so will". Wenn Gott es so will, wird dir kein Leid widerfahren. Er kann es aber auch anders wollen (warum er es zuzeiten anders will, ist eine andere Frage). Ich denke, dieses "dein Wille geschehe" oder "so Gott will" bildet für den Psalmisten wie auch für uns immer den Hintergrund alles Vertrauens. Ohne diese, wenn man so will: Einschränkung ist der Psalm wirklich ungeeignet für schwere Übelstände, wie du zu recht sagst.

Viele Grüße
Klaus
Jochen
2021-08-26 13:10:42
Hallo Klaus,
einen etwas mehr auf Gottvertrauen akzentuierte Sicht liest man hier in diesem lesenswerten Artikel in "Israel Heute", in dem es eigentlich um die Ehe geht:

https://www.israelheute.com/erfahren/guten-morgen-israel-die-ehe-ist-ein-wunder/

Darin wird auf die jüdische Tradition bezug genommen, wonach sich das Schilfmeer erst zu teilen begonnen haben soll, als ein Israelit bis zur Nasenspitze ins Wasser gegangen war. Das ist natürlich nicht historisch-kritisch, allerdings eine m. E. brauchbare Beschreibung, was Glauben eigentlich ausmacht, auch in unserer modernen Zeit.
2021-08-26 16:25:57
Hallo Jochen,

das sind schöne und gerade heute sehr wichtige Sätze über die Ehe, die wirklich davon abhängig ist, dass Gott die Fluten, die manchmal über einen hereinzubrechen drohen, bändigt.
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