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Gottes Verheißungen - Aufbruch in die Zukunft (Teil 2)

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Gottes Verheißungen – Aufbruch in die Zukunft (Teil 2)
Klaus Straßburg | 28/04/2023

Biblisches Denken ist geprägt von einer Ausrichtung auf die Zukunft. Der Gott, der in Vergangenheit und Gegenwart wirkt, verheißt den Menschen eine Zukunft. Er eröffnet ihnen Hoffnung auch in Lebenslagen, in denen es keine lebenswerten Perspektiven mehr gibt. Darum sind die Glaubenden immer auch Hoffende.

Im ersten Teil dieser Reihe habe ich die Verheißungen Gottes und Zukunftserwartungen Israels dargestellt, wie sie im Alten Testament überliefert sind. In diesem zweiten Teil widme ich mich den Verheißungen und Hoffnungen, wie sie im Neuen Testament zum Ausdruck kommen. Der dritte Teil der Reihe zieht dann die Konsequenzen aus den vorangehenden Einsichten für Kirche und Gemeindefrömmigkeit. Ich beziehe mich in dem hier vorliegenden Beitrag wie schon im ersten Teil vor allem auf das Buch "Theologie der Hoffnung" von Jürgen Moltmann.


1. Das angebrochene Reich Gottes

Das Besondere an Jesu Verkündigung bestand darin, dass er in vorher unbekannter Weise die Nähe der Gottesherrschaft ansagte und diese Nähe mit seiner eigenen Person verband (Mk 1,15a). Das griechische Wort für "Gottesherrschaft" heißt wörtlich übersetzt "Königsherrschaft Gottes" oder auch "Königreich Gottes". In unseren Bibelübersetzungen steht meist "Reich Gottes". Gemeint ist der Bereich, in dem Gott seine Herrschaft durchsetzt – sei es im Himmel oder auf Erden. Das Reich Gottes wird seine vollendete Gestalt erst im Jenseits annehmen. Es ist aber nach Jesu Verkündigung bereits dem Diesseits nahegekommen, ist seit seiner irdischen Wirksamkeit schon auf Erden angebrochen – eben mit der Person Jesu.

So ist das Reich Gottes in Jesu Verkündigung einerseits eine gegenwärtige Größe (Lk 11,20), andererseits aber eine Größe der Zukunft (Mt 6,10; Mk 14,25). Mit Jesus, besonders mit seinen Dämonenaustreibungen und Heilungen, ereignet sich das künftige Reich Gottes punktuell schon in der Gegenwart. Dabei setzt sich das Reich Gottes, in dem Gott herrscht, gegen das Reich des Bösen durch, in dem der Satan herrscht. Dessen Macht ist bereits gebrochen (Lk 11,20). Das Reich Gottes ist von der grenzenlosen und endgültigen Liebe Gottes zu den Menschen bestimmt, vor allem zu den Armen, Kranken, Sündern und Außenseitern.

Jesus versteht das Reich Gottes auch als ein Herrschaftsgebiet, in das man hineinkommen und in dem man sich aufhalten kann (z.B. Mt 10,25; 11,11). Wer im Reich Gottes ist, existiert unter Gottes Herrschaft, die dann das ganze Leben des Menschen prägt. So fordert das Reich auch eine Entscheidung des Menschen. Das Reich ist zwar dem menschlichen Handeln vorgegeben, aber es kann vom Menschen nur im menschlichen Einsatz für das Reich empfangen werden (Mt 13,44f). Die Aussage in Mk 9,47 fordert anhand eines nicht wörtlich zu verstehenden Beispiels einen kompromisslosen Einsatz des Menschen gegen seine eigene Verderbtheit.

Die apokalyptischen Fragen nach dem genauen Termin, zu dem das Reich Gottes anbricht, und nach den geschichtlichen Umständen, in denen dies geschieht, sind für Jesus nicht wichtig (Mk 13,32; Apg 1,7). Ihm geht es um die Umkehr der Menschen im Glauben an die Frohe Botschaft (Mk 1,15b). Damit knüpft er an das Alte Testament an, das zum Vertrauen auf die Gegenwart Gottes und sein künftiges heilvolles Handeln aufruft und zugleich zu einem diesem Vertrauen entsprechenden Lebenswandel.


2. Die Sendung der Glaubenden in die Welt

Dass Jesu Jüngerinnen und Jünger die Verkündigung Jesu weiterführten, wurde dadurch motiviert, dass er ihnen nach seinem Tod am Kreuz mehrmals erschien. Sie schlossen aus diesen Erscheinungen und aus seinem leer aufgefundenen Grab, dass Jesus von den Toten auferstanden ist. Dann aber konnte auch die Wahrheit seiner Verkündigung und seines Lebens durch seinen Tod nicht widerlegt sein. Die Jüngerinnen und Jünger verstanden die Erscheinungen des auferstandenen Jesus nicht einfach als beseligende Erlebnisse für ihr eigenes Wohl, sondern als Beauftragung und Sendung in die Welt.

Die nach Jesu Tod verlorene Hoffnung stellte sich in neuer Intensität ein und übertraf die allgemein herrschenden apokalyptischen Erwartungen: Jesus ist der Erste, an dem die zukünftige Auferstehung aller Menschen sich ereignet hat (1Kor 15,20). Er ist der Erste aber nicht als einer, der aufgrund seines starken Glaubens oder seiner guten Taten von Gott angenommen wurde, sondern als einer, der am Kreuz dem Fluch Gottes unterworfen und von Gott verlassen war. Ein am Kreuz Hingerichteter galt nach damaliger Vorstellung als von Gott Verfluchter (5Mo/Dtn 21,22f). Umso wunderbarer musste es erscheinen, dass Gott diesen Verfluchten von den Toten auferweckt hat, damit er in ewiger Gemeinschaft mit Gott leben kann.

Kennzeichen der Glaubenden ist deshalb, dass sie einzig und allein von der Gnade leben, in der Gott diejenigen, die den Weg des Fluchs gewählt haben, also die Gottlosen, annimmt, sie als "gerecht" erklärt (Röm 4,5; 5,6). Durch diese Gnade befreit vom Eigensinn folgen sie dem gekreuzigten und auferstandenen Jesus nach und befolgen darin die Weisungen des Alten Testaments, so wie Jesus sie gedeutet und gelebt hat. Diese Nachfolge geschieht nicht dadurch, dass die Glaubenden sich von der Welt absondern, um ihre Reinheit zu bewahren, sondern dass sie sich als Gesandte Jesu in die Welt hineinbegeben.

Die Sendung in die Welt erweckt bei den Jesus Nachfolgenden ein Bewusstsein für Geschichte: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unter dem Fluch der Sünde können für alle Menschen ein Ende haben, weil Gott die Ungerechten als Gerechte, die Verlorenen als zum Heil Erwählte behandeln will. Das muss den Menschen mitgeteilt werden. Mit der Auferstehung Jesu ist offenbar geworden, dass jeder Mensch die gottlose Vergangenheit hinter sich lassen und sich in eine heilvolle Zukunft rufen lassen kann, die in die Auferweckung von den Toten mündet. Eine Zeitenwende ist eingetreten: eine Geschichtswende von Fluch und Tod hin zu Heil und Leben.


3. Die Zukünftigkeit des Reiches Gottes

Jesu Jüngerinnen und Jünger verkündeten nach Jesu Auferstehung nicht einfach die Nähe des Reiches Gottes für die Gegenwart, sondern die umfassende Weite dieses Reiches in der Zukunft. Es wurde ihnen klar, dass Jesus durch das Kreuz hindurch zum Leben und zur Herrschaft an der Seite Gottes gelangt war (Apg 1,11; 7,55f). Sie erkannten: Der Tod, obwohl er noch nicht aus der Welt verschwunden ist, hat seine Macht über die Menschen bereits verloren (1Kor 15,54f).

So setzte sich in der frühen Christenheit die Überzeugung durch: Mit der Auferstehung Christi ist die Verheißung in die Welt gekommen, dass nicht das Böse die Welt beherrscht und nicht der Tod das letzte Wort spricht. Herr der Welt und ihrer Geschichte, Herr der Zukunft, Herr auch über Tod und Leben ist der Gott, der treu zu seinen Verheißungen steht und sie erfüllt. Die Treue Gottes zu seinen Verheißungen wird geradezu zum Kennzeichen Gottes (Hebr 10,23; 11,11 u.ö.).

Das bedeutet auch, dass mit der Auferstehung Jesu Christi sein Werk noch nicht abgeschlossen ist. Es steht vielmehr noch etwas aus: die umfassende und unangefochtene Herrschaft Gottes, der endgültige Sieg über den Tod und das Leben aller Kreatur in einer neuen Schöpfung. Dieses noch Ausstehende hat sich aber an Jesus Christus bereits vollzogen: Er lebte die Liebe bis zur Selbsthingabe für die Feinde Gottes und seine Geschöpfe. Er lebte in der vollendeten Gemeinschaft mit seinem himmlischen Vater und folgte seinen Weisungen. Er erhielt durch Leid und Tod hindurch das ewige Leben an der Seite des Vaters. So war er der Mensch, so wie er von Gott gemeint war (Joh 19,5), der erste "neue Mensch" (1Kor 15,45-47).

Wenn er der Erste war, heißt das aber, dass andere ihm folgen werden: dass es Menschen geben wird, die in der Kraft des Geistes Jesu und in aller menschlichen Vorläufigkeit dieses neue Menschsein praktizieren (2Kor 5,17); Menschen, welche die Liebe leben und bereit sind, sich selbst hinzugeben für andere, auch für die Feinde des Lebens; Menschen, die im Gehorsam Gott gegenüber leben, wie es ihnen je und je gegeben ist, und die ihr Leben in der Gemeinschaft mit Gott finden, auch wenn es durch Leid und Tod gekennzeichnet ist. Es sind Menschen, die das alles nicht aus eigener Kraft tun, sondern an denen es geschieht, dass sie Christus gleichgestaltet werden (Röm 8,29; Phil 3,10; Gal 4,19).

Der Gestalt Christi gleichgestaltet zu werden ist ein im Diesseits nicht endender Prozess; denn diesseits des Todes wird immer etwas offen bleiben, was sich dieser Gleichgestaltung entzieht. Das durch die Verheißung angeregte Wissen um die Zukunft ist daher Wissen und Nichtwissen zugleich. Es ist insofern fragmentarisch und über sich selbst hinausdrängend. Welche geschichtlichen Wirkungen der von Gott betriebene und durchaus von Menschen ins Werk gesetzte Prozess mit sich bringen wird, liegt in Gottes Hand. Auch wie das Leben im Jenseits gestaltet sein wird, ist für uns zwar metaphorisch andeutbar, aber nicht konkret vorstellbar (1Joh 3,2; Offb 21,1-5a). Wissen und Nichtwissen treffen hier zusammen.

So lässt die Verheißung nicht zu, dass die Glaubenden sich mit dem irdischen Status quo zufrieden geben, sondern nimmt sie hinein in die Spannungen von Verheißung und Hoffnung, Sendung und Enttäuschung. Keine Enttäuschung aber wird sie davon abbringen, auf neue, überraschende Möglichkeiten Gottes zu hoffen. Die Hoffenden sehen die Welt in der Perspektive der unendlichen Möglichkeiten Gottes und geben sich an die Welt hin, indem sie für diese Möglichkeiten eintreten. Denn Gott will sein Reich nicht ohne sie, sondern mit ihnen bauen.


4. Die Tendenz des Reiches Gottes

Aber wie soll dieses Bauen des Reiches geschehen? Können wir wissen, wohin der Weg geht?

Die Auferstehung Jesu Christi hat eine innere Tendenz: die Tendenz des Todes zum Leben. Gottes Intention für die Welt ist nicht der Tod, sondern das Leben. Dieser Intention folgen diejenigen, die in der Kraft des Geistes Gottes an diesem Reich mitbauen. Darum widersetzen sie sich allen lebensfeindlichen Tendenzen dieser Welt und kämpfen für eine dem Leben förderliche Welt.

Dabei geht es nicht nur um ein lebensfreundliches Miteinander in den zwischenmenschlichen Beziehungen, sondern auch um eine lebensförderliche Gestalt von Staaten, Wirtschaftsweisen und Institutionen. Denn Gottes Reich umfasst nicht nur die persönlichen Beziehungen, sondern auch die gesamte menschliche Kultur mitsamt den von Menschen errichteten Strukturen des öffentlichen Lebens, des Wirtschaftslebens und der Rechtsordnungen: Das Reich erscheint als ein neues Gemeinwesen, nämlich als das neue Jerusalem (Offb 21,2), als Gemeinschaft wirtschaftlicher Gerechtigkeit (Apg 2,44-46; 1Kor 11,20-25) und als Institution des Rechts (Joh 7,24; Röm 13,8-10).

Es ist jedoch ein Missverständnis zu meinen, die Menschen könnten allein durch ihre Wirksamkeit in der Geschichte Gottes Reich bauen, ohne dass Gott daran baut. Christus ist die Zukunft der Welt. Menschliche Pläne und Ideen sind es nur insofern, als Christi Geist diese Pläne und Ideen in Menschen hat wachsen lassen.

So gibt es zwar von Gott gewirkte Neuschöpfungen bereits im Diesseits (2Kor 5,17; Gal 6,15), aber oft noch verborgen unter dem Kreuz des Leidens und Sterbens. Das bedeutet, dass das Reich nicht durch triumphale Erfolge gebaut wird, die einen christlichen Enthusiasmus erlauben würden. Die Liebe setzt sich vielmehr oft im Leiden durch, das Reich ist angefochten und steht im Kampf mit Mächten und Gewalten (Eph 6,12), es ist dem Widerspruch ausgesetzt und erfährt Rückschläge, und gerade so geht es aus kleinen Anfängen dem großen Ziel einer lebenswerten Welt entgegen, wo und wann Gott es will. Dieses Ziel erlaubt Leben in ungeahnter Fülle (Mt 13,31f).


5. Der Gottesdienst im Alltag der Welt

Die Gegenwart zwischen der Vergangenheit der Auferstehung Jesu und der Zukunft des Jüngsten Tages ist nach christlichem Verständnis dadurch gekennzeichnet, dass in der Weltgeschichte Gleichgestaltung mit Christus dort geschieht, wo der Geist Gottes sie wirkt. Diese Gleichgestaltung ist nicht beweisbar, sondern dem menschlichen Verstand verborgen, so wenig wie Jesus selbst als der neue Mensch beweisbar war, sondern verborgen unter Leid und Tod des Kreuzes. Dass Gleichgestaltung mit Christus dennoch geschieht und geschehen wird, das ist die Hoffnung der Glaubenden, die auf Gottes Treue zu seinen Verheißungen setzen (Röm 8,24f).

So vollzieht sich eine Weise des Gottesdienstes darin, dass die Glaubenden sich in ihren alltäglichen Beschäftigungen an Gott und eben so an seine Geschöpfe hingeben. Indem sie auf diese Weise Gott dienen, passen sie sich gerade nicht der Welt an, sondern ändern ihren Sinn, wenn er zuvor an den Werten der Welt ausgerichtet war (Röm 12,1f). Dieser Gottesdienst besteht nicht in der bequemen Selbstzufriedenheit, in der man sich des eigenen Seelenheils erfreut, sondern im Kampf um die Verkündigung des Reiches Gottes und um eine diesem Reich entsprechende Welt für alle Kreatur.

Nach diesem Reich sehnt sich die Gemeinde Christi (Röm 8,21-23). Gestillt sein wird ihre Sehnsucht erst, wenn Gott in allem alles sein wird, das heißt, wenn es nichts mehr geben wird, was nicht vollends von Gott ergriffen und so mit Gott eins geworden ist (1Kor 15,28). Bis dies geschehen ist, strebt die Gemeinde danach, dass sich Christi Herrschaft über die Welt gegen alle Widerstände durchsetzen kann. Sie versucht, im Geist Gottes das zu tun, was im Alten Testament so beschrieben ist: Gott einen Weg in der Wüste zu bahnen, wobei jeder Berg sich senken umd jedes Tal sich erheben muss, damit die Herrlichkeit Gottes ans Licht kommt (Jes 40,3-5). Wo aber Neues beginnt, wird das Alte fraglich. Wo das Neue erhofft wird, kann das Alte verlassen werden. Die Auferstehung Jesu Christi beinhaltet eine Verheißung, die erst erfüllt ist in einer neuen Welt, in einem Jenseits. Sie stellt aber die Gemeinde auf einen Weg, auf dem sie schon das Diesseits – wie unvollkommen auch immer, aber soweit wie irgend möglich – diesem Jenseits anzugleichen sich bemüht.

In diesem Sinne betont der Evangelist Matthäus die ethische Bedeutung des Reiches Gottes. Das Reich ist bei ihm zwar auch das den Menschen geschenkte Heil (Mt 25,34), aber weit häufiger hat es einen ethischen Sinn. Während der Evangelist Lukas schreibt "Sucht sein [= Gottes] Reich" (Lk 5,31), fügt Matthäus etwas hinzu, so dass es bei ihm heißt: "Sucht zuerst sein Reich und seine Gerechtigkeit!" "Gerechtigkeit" meint bei Matthäus das Handeln des Menschen im Sinne Gottes. Matthäus zufolge verheißt Jesus das Reich Gottes denen, die den Willen des Vaters im Himmel tun (Mt 7,21) und deren Gerechtigkeit besser ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer (Mt 5,20). Das bedeutet nicht, dass der Mensch hochmütig und stolz auf seine Taten blicken kann. Groß im Reich Gottes ist vielmehr, wer sich selbst erniedrigt wie ein Kind (Mt 18,3f).

Gerade weil das Reich Gottes das seiner Vollendung entgegenstrebende Ereignis des Heils Gottes für die Welt ist, treibt es die Glaubenden dazu, in die Welt aufzubrechen und dem Reich in immer neuer Verkündigung und in nie verzagender Erneuerung aller ihm widerstrebenden Lebensverhältnisse den Weg zu ebnen.


* * * * *


Verwendete Literatur:
  • Jürgen Moltmann: Theologie der Hoffnung. Untersuchungen zur Begründung und zu den Konsequenzen einer christlichen Eschatologie. Chr. Kaiser Verlag, 10. Aufl. München 1977.
  • Ulrich Luz: basileía / Reich, Herrschaft. In: Exegetisches Wörterbuch zum Neuen Testament. Band I. Hg. von Horst Balz und Gerhard Schneider. Verlag W. Kohlhammer, 2. Aufl. Stuttgart u.a. 1992. Sp. 481-491.


Bild: Klaus Straßburg.




2 Kommentare
Michael Kröger
2023-04-29 21:57:40
Hallo Klaus,

Danke für Deine nachvollziehbaren Ausführungen. Gegen Ende schreibst Du:

"Wo aber Neues beginnt, wird das Alte fraglich. Wo das Neue erhofft wird, kann das Alte verlassen werden. Die Auferstehung Jesu Christi beinhaltet eine Verheißung, die erst erfüllt ist in einer neuen Welt, in einem Jenseits. Sie stellt aber die Gemeinde auf einen Weg, auf dem sie schon das Diesseits – wie unvollkommen auch immer, aber soweit wie irgend möglich – diesem Jenseits anzugleichen sich bemüht."

Als Nichttheologe vermag ich hier jedoch nicht mehr mitzuhalten. Ist es für Dich möglich hier ein aktuelles Bild, einen Vergleich oder etwas ähnliches zu finden, das dem von Dir Beschriebenen etwas näher kommt?

ps :

Das offensichtlich von Dir gemalte Bild finde ich interessant. Es hat für mich eine relativ variantenreiche Farbigkeit und artikuliert ein Geschehen, das sich versucht, nach Aussen hin - also ins gegenwärtige Diesseits meines Betrachtens - zu öffnen. Eine Assoziation mit etwas Jenseitigem kann ich hier weniger entdecken. Mir kommt das Bild allerdings so vor als könnte es sich nicht zwischen Dur und Moll, Hoffnung und Schrecken entscheiden - was meiner derzeitgen Sicht auf diese Welt durchaus entspricht....


2023-04-29 22:38:24
Hallo Michael,

vielen Dank für deine Stellungnahme! Ich verstehe als eine partielle und unvollkommene Vorwegnahme des vollendeten und umfassenden Reiches Gottes im "Jenseits" alles, was schon jetzt Vertrauen auf Gott und Liebe zu seiner Kreatur ist, was also das Leben fördert, was Leid verringert, was im Einklang mit Gottes Ziel für seine Welt steht. Das umfasst zwischenmenschliche und zwischenstaatliche Beziehungen, aber auch Institutionen und Strukturen aller Art. Im Grunde geht es um die Weisungen Gottes für diese Welt, die in der Liebe konzentriert sind, wobei Liebe nicht nur etwas Zwischenmenschliches bezeichnet, sondern auch liebevolle, d.h. lebensförderliche und gerechte Strukturen, von denen alle Geschöpfe Gottes profitieren. Wo Interessen und Ansprüche sich unweigerlich entgegenstehen, wird es darum gehen, eigene Interessen zurückzustellen und Wege eines gerechten Ausgleichs zu finden.

Sicher ist irdisch niemals das zu erreichen, was uns für das neue Leben verheißen ist. Aber wir können schon jetzt das Kommende antizipieren, in unvollkommener Weise vorwegnehmen, ansatzweise mit Gott, seiner Kreatur und uns selbst eins sein, und zwar nicht, weil wir das schaffen, sondern weil Gott uns seinen Geist schenkt, wo und wann er es will, und wir in der Kraft dieses Geistes schon jetzt eine "Anzahlung" auf das Kommende haben. Wir können und sollen nicht die Ewigkeit kopieren, aber das Zeitliche, soweit möglich, ihr annähern. Ich denke, das ist mit der Kraft Gottes möglich, und danach gilt es zu streben. Es wird natürlich immer eine Diskontinuität zur kommenden "Herrlichkeit" bleiben, aber wir dürfen eine zeitliche Kontinuität, eine Entsprechung, ein Gleichnis dieser irdisch unerreichbaren Herrlichkeit schon jetzt suchen und anstreben. So wie Jesus das Gleichnis der Herrlichkeit schlechthin war, so sollen wir versuchen, in aller Unzulänglichkeit eben nicht aufzugeben, die Welt als Gleichnis dieser Herrlichkeit zu gestalten. Das ist christliche Verantwortung, christliche Freude am Bauen des Reiches Gottes, das schon jetzt angebrochen ist. Leider scheint die Christenheit das wieder einmal vergessen zu haben und sich mit all den Unzulänglichkeiten mehr oder weniger abzufinden.

Falls dir das nicht einleuchtet oder etwas fraglich bleibt, kannst du gern darauf insistieren. Das Verhältnis von Schon-jetzt und Noch-nicht ist ein schwieriges und sicher nie vollends zu "lösendes" theologisches Problem.

Danke für dein Votum zu meinem Bild. Ich freue mich darüber, wie du es wahrnimmst. In meiner Intention sollte es ein von außen kommendes Leben, eine Farbigkeit symbolisieren. So könnte ich es durchaus mit dem Wachsen des Reiches Gottes von außen her in Verbindung bringen. Diesen Gedanken hatte ich aber nicht explizit beim Malen. Ich sehe heute einige Schwächen des Bildes und würde es jetzt anders malen.

Viele Grüße
Klaus
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