Gott Freude machen
Klaus Straßburg | 21/03/2021
Mit dem Wort „Ehre" konnte ich noch nie viel anfangen. Vor allem habe ich mich gefragt, was es eigentlich heißt, Gott „die Ehre zu geben". Menschen möchten geehrt und gerühmt werden. Aber braucht Gott das Gefühl, verehrt zu werden? Hat Gott ein Ehrgefühl?
Man kann einen Sänger oder eine Sängerin verehren; dann bewundert man sie. Aber Gott bewundern? Das trifft es nicht. Ein guter Sportler wird für seine Leistungen geehrt. Dann hat das Wort die Bedeutung: jemandem Anerkennnung für seine Leistung entgegenbringen. Aber sucht Gott solche Anerkennung? Das ist auch irgendwie knapp daneben.
Dennoch ist die Bibel voll von Stellen, die uns auffordern, Gott die Ehre zu geben. Nur ein Beispiel: „Mögt ihr nun essen oder trinken oder sonst etwas tun, so tut alles zur Ehre Gottes!" (1Kor 10,31)
Ich wollte ja gern zur Ehre Gottes leben. Aber wie sollte ich das tun, wenn ich nicht wusste, was das Wort „Ehre" in Bezug auf Gott eigentlich meinte?
Irgendwann habe ich mich dann so mit mir selbst verständigt: Ich will versuchen, so zu leben, dass Gott sich über mich freuen kann. Damit konnte ich etwas anfangen. Immerhin heißt es ja im Neuen Testament: „Im Himmel wird über einen Sünder, der umkehrt, mehr Freude sein als über 99 Gerechte, die der Umkehr nicht bedürfen" (Lk 15,7). So wollte ich jeden Tag neu zu Gott umkehren und ihm damit Freude machen – auch wenn davon, dass wir Gott Freude machen sollen, in der Bibel kaum einmal die Rede ist.
Vor einigen Tagen entdeckte ich dann folgende Stelle aus dem Alten Testament (Jes 62,5):
Wie der Jüngling die Jungfrau freit,
so wird dein Erbauer dich freien,
und wie der Bräutigam der Braut sich freut,
so wird dein Gott sich deiner freuen.
Hier ist das Bild der Ehe gebraucht, um Gottes Freude an dem von ihm erwählten Volk Israel auszudrücken. Ich beziehe es jetzt auf alle Menschen, weil Gott alle Menschen liebt: Seine Freude kommt aus der Liebe. Die Braut (also wir) wird nicht deswegen geliebt, weil sie bestimmte Dinge tut, sondern sie wird einfach geliebt, weil es sie gibt. So liebt Gott auch uns. Und die Braut (also wir) ist Grund zur Freude, eben weil sie Braut ist – weil sie sich lieben lässt und auch den Bräutigam (also Gott) liebt. So freut sich Gott über uns, weil wir uns lieben lassen und wie Geliebte leben, das heißt: auch ihn lieben.
Leider tun wir das nicht automatisch. Darum sollen wir täglich umkehren: unsere Rolle als Geliebte Gottes annehmen und, so gut es geht, ausfüllen. So stellte Martin Luther in der ersten seiner 95 Thesen fest, „dass das ganze Leben der Gläubigen Umkehr sei".
Darum möchte ich mich bemühen. Mit den Worten „Gott die Ehre geben" habe ich immer noch Schwierigkeiten. Ich muss sie mir übersetzen in „Gott danken, ihn loben und ernst nehmen". Aber dass er sich darüber freut, dass es ihm eine Freude ist, wenn ich seiner Liebe mit meinen Taten Ausdruck verleihe – das kann ich mir gut vorstellen. Und darum will ich täglich versuchen, ihm Freude zu machen.
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mit dem Wort Ehre ist in Deutschland in der Nazizeit dermaßen Schindluder getrieben worden, dass man es kaum noch einsetzen kann, ohne Missverständnisse befürchten zu müssen.
Du kannst es gern im Bezug auf Gott so halten, dass du „Gott die Ehre geben“ für dich mit „Gott Freude machen“ übersetzt. Für mich sind das aber deutliche unterschiedene Begriffe und Bedeutungen. Unter „jemandem die Ehre geben“ stelle ich mir vor, dass man jemandem Vorrang einräumt, durch Verhalten und symbolische Handlungen, aber auch und vor allem durch eine entsprechende Geisteshaltung.
Die Aufforderung, Gott die Ehre zu geben, ist für mich in diesem Verständnis in viele Richtungen richtig und wichtig. Zum Beispiel im Bezug auf antike „Gott“-Könige oder moderne Diktatoren, die ihre Grenzen kennen sollten. Aber auch im Bezug auf Theologen und Prediger, die einem weismachen wollen, sie wüssten genauer über Gott und seine Wünsche Bescheid, als sie es tatsächlich können (damit meine ich ausdrücklich nicht alle Angehörigen dieser Berufsgruppe). Und natürlich im Bezug auf Naturwissenschaftler und Ingenieure, die angesichts der großen Erfolge ihrer Methoden und Disziplinen übermütig werden (auch hier sind nicht alle gemeint). Und selbstverständlich auch im Bezug auf mich selber, in ganz unterschiedlichen Richtungen und Situationen.
Zur Freude Gottes zu leben, halte ich ebenfalls für einen guten Grundansatz, aber um der Wahrheit die Ehre zu geben, weiß man eben nicht in jedem Fall, welche unter verschiedenen Entscheidungsmöglichkeiten Gott Freude macht.
Viele Grüße
Thomas
ich finde, du beschreibst die Bedeutung des Wortes "jemandem Ehre geben" sehr treffend. Natürlich will auch ich Gott Vorrang einräumen. Vielleicht würde ich das (ohne das Wort "Ehre" zu benutzen) so übersetzen: ihn als Gott anerkennen, seine Taten und Weisungen achten, ihn ernst nehmen. Im Grunde setze ich das, wenn ich Gott Freude machen will, voraus. Aber "jemandem Vorrang einräumen" kommt wohl dem "jemandem Ehre geben" näher als das "jemandem Freude machen", auch wenn das eine das andere nicht ausschließt. Danke für diese Erklärung.
Das Problem, was denn Gott eigentlich von uns will, stellt sich, denke ich, beim Vorrang einräumen durch Handlungen und eine Geisteshaltung genauso wie beim Freude machen. Denn auch hier muss man sich immer wieder fragen, welche Handlungen und welche Geisteshaltung denn Gott gegenüber anderen Mächten den Vorrang einräumen.
Viele Grüße
Klaus