Entschuldigung
Klaus Straßburg | 20/07/2020
Entschuldigungsagen wir leichtbei einem VersehenEntschuldigungfällt uns schwerbei echter SchuldWas werden wir sagenwenn wir vor Gott stehender allein es kannunsentschuldigen
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Dank, Lob und Ehre sei Ihm.
Was soll ich mir darunter vorstellen? Wenn ich sterbe, löst sich mein Körper auf.
Dass das Ganze irgendwann wieder zusammengepuzzelt wird, ist für mich nicht vorstellbar.
Ohne Körper kann ich weder stehen noch etwas sagen.
Und was soll es dann heißen, vor Gott zu stehen, den ich mir nicht als physisch abgegrenztes Etwas vorstelle.
Den Satz, dass Gott allein manche, vielleicht sogar alle Schuld vergeben kann, kann ich so stehen lassen.
Aber auf die ganzen Detaillierungen dazu, wo niemand wirklich etwas weiß, sollte man meiner Meinung nach verzichten.
Wie man sich das Auferstehungsleben materiell-physikalisch vorzustellen hat, finde ich demgegenüber zweitrangig und übersteigt sowieso unser Vermögen. Paulus spricht jedenfalls von einem himmlischen oder geistigen Leib im Unterschied zum irdischen oder natürlichen (1Kor 15,40-44), der aus Fleisch und Blut besteht (1Kor 15,50). Also ein anderer Leib als der jetzige. Woraus er besteht: Wer weiß das?
Das alles ist, wie alles, was wir über Gott und Ewigkeit sagen, menschlich unvollkommene Sprache. Darüber kommen wir nicht hinaus. Schon das Wort "Gott" ist menschlich unvollkommene Sprache, ebenso "Schuld vergeben". Aber eine andere Sprache haben wir nicht. Und das Tolle ist, dass Gott sich auch durch unsere unvollkommenen Worte zur Sprache BRINGT.
2. Mein menschliches Gerechtigkeitsempfinden wird außerdem unter anderem dadurch gestört, dass
a) Jesus überhaupt gekreuzigt wurde,
b) die Schuld aller Gläubigen dadurch gesühnt sein soll,
c) eine Reihe von Schwerverbrechern der Geschichte demnach nicht angemessen bestraft würden, weil sie definitiv gläubige Christen waren.
Ich gebe offen zu, dass ich auch keine Lösung für viele offensichtliche Gerechtigkeitsprobleme habe, aber das, was da so traditionell präsentiert wird, überzeugt mich nicht, löst vielleicht manche Probleme (theoretisch), schafft dafür aber gleich wieder neue.
Dass Jesus gekreuzigt wurde, war sicher nicht gerecht, sondern höchst ungerecht. Er wird ja im Neuen Testament als der einzige Sündlose (oder Unschuldige) beschrieben.
Sein Tod wird im Neuen Testament als Ausdruck der Liebe Gottes zu ALLEN Menschen verstanden (z.B. Röm 3,23; 5,8; Joh 10,11b; 15,13; 1Joh 3,16). Die Frage ist nur, ob alle Menschen sich von Gott lieben lassen wollen.
Von Sühne spreche ich nicht gern, weil der Begriff missverständlich ist. Es geht nicht darum, für seine Schuld bestraft zu werden oder büßen zu müssen, womöglich noch, damit Gott Genugtuung widerfährt. Sondern es geht darum, dass Gott selbst aus Liebe zu uns sich aus der Welt herausdrängen lässt ans Kreuz, wie Bonhoeffer es einmal treffend ausdrückte. Gott leidet lieber selbst, als seine Geschöpfe leiden zu lassen. Das ist Liebe.
Nach Paulus werden auch die gläubigen Christ*innen sich vor Gott verantworten müssen (Röm 14,10). Und wessen Taten im Feuer verbrennen (bildliche Redeweise), der wird Schaden nehmen. Der Mensch selbst aber "wird gerettet werden, doch so, wie durchs Feuer hindurch" (1Kor 3,15). Man kann daraus entnehmen, dass auch der "gläubige Christ" (dessen Glaube immer mit Unglauben durchmischt ist) nicht einfach so in den Himmel springt, sondern eben "Schaden nimmt": etwas einbüßt, etwas verliert. Leider sagt Paulus nicht, was das sein könnte. Aber man kann vielleicht vermuten, dass der Mensch, der "wie durchs Feuer hindurch gerettet wird", alle negativen Anteile verliert (um im Bild zu bleiben: Sie verbrennen im Feuer). Denn von diesem Negativen sollte es ja im ewigen Leben nichts mehr geben.
Insofern kann man sogar das "Gericht" über den Menschen als Akt der Liebe Gottes verstehen: Die Wahrheit kommt ans Licht und das Negative wird ausgelöscht.
danke für Deine sorgfältig formulierte und, wie ich finde, gut auf mich und meine Anmerkungen eingehende Antwort, die gleichzeitig die dogmatische Linie der Kirche einhält.
Die Wirkung wird dich vielleicht überraschen, und ich habe ernsthaft überlegt, ob ich sie schreiben soll. Für mich wirkt sie wie ein Impuls, doch aus der Kirche auszutreten. Wenn mir genau jetzt jemand ein Formular dazu hinlegen würde, würde ich wahrscheinlich unterschreiben.
Es ist wie bei einer langjährigen Freundin, die man immer noch liebt, bei der einem aber plötzlich ganz klar wird, dass diese Frau einen ernsthaften Knall hat, sich in irgendetwas verstiegen hat, wo man nicht mitgehen kann und will und womit man auch nichts zu tun haben will. Beim Frühstück wird dann dieses Gespräch stattfinden, in dem "eine Weile nicht sehen" vorkommt.
Dir trotzdem einen schönen Sonntag
Thomas
danke für deine ehrliche Antwort, die mir keine Probleme bereitet. Für mich kommt es nicht darauf an, wie viele Menschen Mitglieder der Kirche sind, sondern wie viele ernsthaft versuchen, an Jesus Christus zu glauben. Und das ist zunächst einmal unabhängig von einer Kirchenmitgliedschaft.
Dennoch finde ich es nicht ganz unwichtig, als Christ auch einer Gemeinschaft von Glaubenden anzugehören. Es muss aber eine Gemeinschaft sein, die zu einem passt, in der man sich nicht als Fremdkörper fühlt und in der man "seinen" Glauben mit allen Fragen, Zweifeln und aller Kritik leben kann. Solch eine Gemeinde ist sicher nicht immer leicht zu finden. Auf der anderen Seite sind der Protestantismus und die ev. Kirche ja relativ vielfältig, und viele Leute suchen sich heute "ihre" Gemeinde aus und nehmen dafür auch längere Anfahrtswege in Kauf. Ich finde das völlig legitim.
Selber praktiziere ich das auch seit einigen Jahren: Ich besuche regelmäßig eine Freie Gemeinde, in der ich mich gar nicht fremd fühle, sondern nette Leute kennengelernt habe, die mich überaus freundlich aufgenommen haben. Es gibt dort auch Menschen mit Zweifeln und vielen Fragen. Die dort gefeierten Gottesdienste sind abwechslungsreich und ohne liturgisch formalen Ablauf, was mich immer schon angesprochen hat. Dennoch habe ich meiner Landeskirche nicht den Rücken gekehrt, sondern arbeite in der Erwachsenenbildung, habe in einem Ausschuss mitgearbeitet, bis dieser seine Arbeit einstellte, besuche zuweilen landeskirchliche Gottesdienste und halte selbst Vertretungsgottesdienste. Ich finde ja auch beileibe nicht alles schlecht in dieser Kirche.
Ich weiß natürlich nicht, welche Erfahrungen du mit Kirchengemeinden (im Minden-Ravensberger Erweckungsgebiet!) gemacht hast. Die alte Lehre, dass Jesus sterben musste, damit Gott in seinem Zorn besänftigt wird, wird aber - jedenfalls hier im Siegerland - kaum noch vertreten.
Einen schönen Sonntag auch von mir
Klaus
Minden-Ravensberger Erweckungsgebiet ist ein interessantes Stichwort. Ich hatte da nichts auszustehen, das meiste war mit der Generation meiner Großeltern abgeschlossen. In der Gemeinde war ungleich mehr los als heute hier in der Ortsgemeinde, und das war sehr positiv. Meine kritischen Fragen blieben auf den ganz engen Familienkreis beschränkt, in der Gemeinde habe ich schön meine Klappe gehalten und Freude an der Musik und Gemeinschaft im Posaunenchor gehabt.
Bis heute bin ich in verschiedenen landeskirchlichen Gemeinden - je nachdem, wohin es mich gerade beruflich verschlagen hatte - unauffällig bis engagiert durchgelaufen, und werde wohl hier und da für frommer gehalten, als ich bin.
Was die konkrete Gemeindearbeit angeht, bin ich auch überhaupt nicht auf Krawall gebürstet. Etwas anders sieht es aus, wenn es um die Aspekte Theologie, insbesondere Dogmatik, Autoritätsansprüche, Glaubensbeamtentum und vor allem die Konflikte mit der Moderne geht.
Hier möchte ich ständig Sätze sagen wie "Das glaubt Ihr doch selber nicht!" und "Das müsst Ihr doch merken!" Andererseits fällt mir von Zeit zu Zeit die alte Indianerweisheit ein: Wenn du feststellst, dass du ein totes Pferd reitest, steig ab! Da muss aber jeder für sich herausfinden, wie er sich verhalten will.
Viele Grüße
Thomas