Darf Theologie politisch sein?
Ein Gastartikel von god.fish | 13/02/2021
Von manchen Menschen hört man manchmal die Forderung, die Kirche solle sich doch bitte aus der Politik heraushalten, die Theologie solle nicht politisch sein.
Wenn man sich aber einmal beispielsweise die christliche Theologie und die daraus entstehenden ethischen Forderungen ansieht, die Nächstenliebe, die Feindesliebe, die Vorstellung, dass jeder Mensch zum Ebenbild Gottes geschaffen ist, so dass also jeder Mensch eine ganz besondere Würde hat, die Menschenwürde, die aus diesem theologischen Grund heraus auch nicht verletzt werden darf, bei keinem Menschen, dann wird man feststellen, dass Theologie politisch ist. Und sie ist es nicht nur, sie war es schon immer. Darum ist die Forderung dieser oben erwähnten Menschen naiv.
Von god.fish.
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Warum machen manche Christen das Gottes Reich zu dieser Welt, wenn Gottes Reich kein Teil dieser Welt ist und sein will?
Warum gedulden sich manche Christen nicht, während sich die Welt noch in der Macht des Bösen befindet, bis die 7. Posaune geblasen wird?
Man näht keinen neuen Flicken auf ein altes Kleid ... Es muss alles neu gemacht werden.
Und das verspricht uns Gott in der Offenbarung des Johannes, zum Trost aller, die Ihn lieben.
Und falls ich Sie da tatsächlich richtig verstanden haben sollte, dass ein Christ sich aus der Welt heraus halten sollte, warum hat sich Gott dann in dem Menschen Jesus gezeigt, also auch in die Welt eingegriffen?
Christen sollten sich nicht die Welt aller Menschen einmischen und auch noch die Anders-Gläubigen bevormunden. Jesus hat in die Welt eingriffen, um Menschen für sich aus der Welt herauszuholen. Wir befinden uns mitten drin im größten Selektionsverfahren für Menschenseelen, und da interessiert sich Gott nicht für politische Bestrebungen, weil er sein eigenes Reich hat.
1. Um wen oder was geht es jetzt? Um Theologie (die wissenschaftliche Aufarbeitung) oder Kirche (die praktische Organisation?
2. Politik ist Interessenvertretung. Natürlich vertritt Kirche ihre Interessen, einzelne Gläubige oder Gruppen von Gläubigen vertreten ihre Interessen. Von daher ist Kirche so oder so politisch.
3. Jesus soll gesagt haben: Mein Reich ist nicht von dieser Welt.
Sein Handeln und Predigen passte in vieler Hinsicht dazu. Dass man mit der Bergpredigt nicht regieren könne, hat auch mal ein deutscher Bundeskanzler angemerkt und dafür viel offene und versteckte Zustimmung erhalten. Trotzdem steckt in der Bergpredigt natürlich immer wieder ein Impuls zum Frieden, den Christen zur Geltung bringen sollten.
4. Menschenwürde. Einen Menschen zu Tode zu foltern, um damit die Sünden anderer abzugelten, ist ein krasser Verstoß gegen meine Begriffe von Menschenwürde. Die Kirche muss da meiner Meinung nach erstmal bei sich aufräumen, bevor sie sich als herausragende Vertreterin der Menschenwürde ausgibt.
5. Kirche ist schon oft politisch gewesen, und häufig war das nicht gut. Es gab zwar Martin Luther King mit seinem Eintreten für die Rechte der Schwarzen in den USA, aber es gab über lange Zeiten vorher die Sklavenhalter, die sich den christlichen Glauben zunutze gemachte haben, Sklaven zu halten und zu unterdrücken "Seid untertan der Obrigkeit" (...). Meine Vorfahren, einige von ihnen waren mit Sicherheit Leibeigene in Europa, ist es auch nicht viel besser ergangen. Die Kirche hat mit christlich-theologischer Begründung vieles andere auf dem Kerbholz (Kreuzzüge, Pogrome, Hexen- und Ketzerverbrennungen). Vielleicht wäre bei weniger politischem Engagement auch weniger Schlimmes passiert.
6. In neuerer Zeit ist die EKD stolz auf die Bekennende Kirche. Auch dabei darf man nicht vergessen, dass der größere Teil ihre Vorgängerkirche mit den Deutschen Christen hinter der Musik hergelaufen ist, sprich: bei den Nazis mitgemacht hat.
Also meiner Meinung nach ist poltische Kirche einerseits eine Selbstverständlichkeit, anderseits aber von den Folgen her sehr zwiespältig zu sehen.
Viele Grüße
Thomas Jakob
Da god.fish offenbar nicht antwortet, hier nur einige Bemerkungen zum Röm 13: Ich denke, dass Paulus den Staat meint, der in Liebe an den Menschen handelt, wie es vorher (12,9 und im ganzen Abschnitt bis Vers 21) und nachher (13,8-10) gesagt wird. Also den Staat, der tatsächlich Gott dient. Tut er das nicht, gibt es ein Recht zum Widerstand, denn wir sollen Gott mehr gehorchen als den Menschen. Die Alternative zu einem geordneten Staatswesen wäre ja die Anarchie, die wohl kaum erstrebenswert ist. Schon allein aber, sich darüber Gedanken zu machen, ob ich in einer bestimmten Situation Gott mehr gehorchen soll als dem Staat, beinhaltet eine politische Entscheidung. Ich denke, wir handeln immer politisch, auch wenn wir uns aus der Politik heraushalten. Die Propheten klagten übrigens vehement soziale Ungerechtigkeit und staatliche Machtpolitik an, waren also hochpolitisch. Ich finde, das ist nichts Schlechtes, sondern gehört zur Liebe, die wir üben sollen. Die Kirche soll nicht selber Politik machen, also sozusagen zum Staat werden, aber ihre Aufgabe ist es, den Staat zu mahnen, seine Aufgaben als "Dienerin Gottes" auszuführen.
Da god.fish offenbar nicht antwortet, hier einige Sätze von mir zu deinem Punkt 4: Ich verstehe Jesu Tod so, dass er seine Verfolger nicht vernichtet hat, was ihm nach Mt 26,53 möglich gewesen wäre, sondern sich ihnen ausgeliefert und somit für sich selbst den Tod gewählt, seinen Gegnern aber das Leben gewährt hat. Da ich Jesu Verbindung mit Gott so verstehe, dass sein Erleben auch Gottes Erleben ist, hat im Leiden Jesu auch Gott selbst gelitten, ebenfalls zugunsten der Gegner Jesu. Jesu und Gottes Leiden waren aber keine zeitlich begrenzte Episode, sondern sie leiden, weil sie die Menschen lieben, bis heute unter deren Gegnerschaft und Bösartigkeit. Liebe gibt es in einer "gefallenen" Welt nur in der Bereitschaft zum Leiden. Versöhnung besteht für mich darin, dass Gott (wie Jesus es offenbart hat) für sich selbst das Leiden wählt, um seinen geliebten Geschöpfen das Leben zu gewähren. Das ist Vergebung von Schuld und Versöhnung. Jesu Tod war also von ihm selbst und von Gott nicht gewünscht, aber er war um des Lebens der Geliebten, die Gott und Jesus bis heute verachten (das sind wir alle), die notwendige Konsequenz ihrer Liebe.
Da sprichst du natürlich eine ganze Menge an Punkten an. Ich würde auch mal einen Gedanken zu viertens hier äußern:
Es geht in diesem Punkt scheinbar um den Kreuzestod Jesu.
Diesen Tod könnte man so interpretieren, das Gottes selbst sich opfert und von den Römern hinrichten bzw kreuzigen lässt.
Was aber wäre denn die Alternative? Dass Gott bzw Jesus von seiner Macht Gebrauch macht und die Römer alle umbringt und ihr Reich in Schutt und Asche legt? Würde er das machen, würde er nach weltlicher Logik handeln, Gewalt würde Gegengewalt hervorbringen.
Das ist aber genau das, was Jesus nicht will. Er predigt, dass man aus der Gewaltspirale aussteigen soll.
Vor allem, würde Jesus bzw Gott in der oben beschriebenen Art und Weise seine Macht demonstrieren, müssten wir alle vor ihm zittern, denn es könnte ja zu jedem Zeitpunkt sein, dass er dies wiederholen würde. Wir hätten damit keinen freien Willen mehr, sondern wären nur noch Marionetten, die ängstlich immer zu Gott aufschauen würden, um bloß nichts falsch zu machen, denn sonst würde er womöglich sofort wieder eingreifen. Das ist aber wohl nicht das, was Gott möchte, wenn er uns, der Genesis zufolge, zu Ebenbildern Gottes gedacht hat, also zu Lebewesen, die ihm ein eigenständiges Gegenüber sein können.
Gott würde uns durch eine oben beschriebene Aktion wieder unsere Eigenständigkeit nehmen, was er aber ganz offensichtlich nicht will.
Gott ist in die Welt gekommen, um in der Welt tätig zu sein. Gott hat sich in Jesus gezeigt, um über sich selbst etwas mitzuteilen. Diese Mitteilung wäre sinnlos, wenn er uns aus der Welt herausholen wollte. Das Gegenteil dürfte der Fall sein. Gott hat die Welt und das Universum erschaffen, deshalb sollen wir darin tätig sein.
Und wir sollen in der Art und Weise tätig sein, dass wir versuchen, uns an den ethischen Prinzipien Jesu zu orientieren. Das impliziert aber auch, dass man automatisch politisch handelt, weil man politisch wird, sobald man Dinge wie Nächstenliebe und Feindesliebe zu leben versucht.
zu Punkt 4.
Real passiert ist etwas, das auch komplett ohne Gott hätte passieren können. Natürlich kann man sagen, dass das von Gott so gewollt war.
Warum soll es nur die eine Alternative (Gegengewalt) geben? Verschiedene Varianten sind denkbar, sogar mit weniger Aufwand, z.B.:
a) Pilatus hätte Jesus einfach laufen lassen können, er war ja im Grunde sogar dazu bereit.
b) Jesus hätte einfach verschwinden können, kurze Narkolepsie beim Gefängnispersonal, weg isser.
Bei der Interpretation Ausstieg aus der Gewaltspirale bin ich im Übrigen dabei, aber unter Punkt 4 geht es mir um etwas Anderes:
Nach meinem Verständnis hat das traditionelle Christentum den irritierenden Kreuzestod Jesu (selbst wenn er später aufersteht, hat er da nun mal schwer gelitten) irgendwie in eine Erklärung zu packen versucht, dabei den leidenden Gottesknecht zur Hilfe genommen und ausgeführt, der Kreuzestod hätte notwendigerweise sein müssen, damit Gott uns unsere Sünden ohne Strafe vergeben könne, jedenfalls wenn wir uns taufen lassen und diesen Pakt akzeptieren. Hier geht es darum, dass jemand zu Tode gefoltert und damit stellvertrend für andere bestraft wird. Wer so etwas (als Interpretation, mehr ist es ja nicht) vertritt, hat sich mMn aus einer Diskussion um Menschenwürde nach heutigem Verständnis verabschiedet.
Viele Grüße
Thomas
vielen Dank für die Schilderung deiner Sicht. Hier meine Sicht in einigen Sätzen:
> Real passiert ist etwas, das auch komplett ohne Gott hätte passieren können.
Real passiert ist für mich in dieser Geschichte Gottes Liebe, die nicht ohne Gott hätte passieren können.
> Natürlich kann man sagen, dass das von Gott so gewollt war.
"Von Gott gewollt" nur in dem Sinne, dass er es aus seiner Liebe zu den Menschen heraus hat geschehen lassen; es war aber nicht das, was er sich gewünscht hat.
> Pilatus hätte Jesus einfach laufen lassen können ...
Hat er aber nicht, er war genauso in gewaltbereite Handlungsweisen verstrickt wie das Volk.
> Jesus hätte einfach verschwinden können, kurze Narkolepsie beim Gefängnispersonal ...
Das ist ein interessanter Punkt. Bei der Narkolepsie hätte dann aber doch wieder Gott nachhelfen müssen, was du ja gern ausschließen möchtest. Vielleicht hätte sich Jesus aber auch vor seiner Verhaftung schon dieser entziehen können (z.B. durch Flucht nach Ägypten). Wie auch immer: Eine Flucht hätte bedeutet, dass er sich den Menschen entzieht, um seine eigene Haut zu retten. Das wäre gerade das Gegenteil von Liebe. Und Gott würde dann als einer erscheinen, der sich den Menschen entzieht, um eigenes Leiden zu vermeiden. Da ist mir der lieber, der gerade in unserem Leiden und Tun des Bösen an unserer Seite bleibt, auch wenn er selbst darunter leidet.
> ... der Kreuzestod hätte notwendigerweise sein müssen, damit Gott uns unsere Sünden ohne Strafe vergeben könne, jedenfalls wenn wir uns taufen lassen und diesen Pakt akzeptieren. Hier geht es darum, dass jemand zu Tode gefoltert und damit stellvertrend für andere bestraft wird.
Das ist in der Tat eine Beschreibung dessen, was jahrhundertelang die wirkmächtigste Erklärung des Todes Jesu war: Jesus musste die Strafe tragen, die eigentlich wir hätten tragen müssen, damit Gottes von uns verletzte Ehre wiederhergestellt wird. Diese "Erklärung" geht zurück auf Anselm von Canterbury (1033-1109), jedenfalls hat man ihn so interpretiert. Heute ist man in der Theologie weitgehend davon abgerückt. Ein Gott, der ein seiner Göttlichkeit angemessenes Opfer braucht (nämlich seinen Sohn), das seine Strafe trägt, damit seiner verletzten Ehre Genugtuung widerfahren kann, würde wohl eher die Menschenwürde verletzen als sie zu retten. Deshalb sollte man sich möglichst schnell von solchen Gedankengängen verabschieden und für neue Deutungen des Todes Jesu öffnen, die diesen aus Gottes Liebe ableiten und nicht aus Gottes gekränkter Ehre. Eine solche Deutung habe ich oben in meinem Kommentar kurz zu umschreiben versucht.
Viele Grüße
Klaus
danke für deine Antwort. Ich muss aufpassen, dass meine Antwort dazu nicht ausufert.
Du schreibst oben:
„Jesu und Gottes Leiden waren aber keine zeitlich begrenzte Episode, sondern sie leiden, weil sie die Menschen lieben, bis heute unter deren Gegnerschaft und Bösartigkeit. Liebe gibt es in einer „gefallenen“ Welt nur in der Bereitschaft zum Leiden.“
Das sehe ich auch so.
Aber die biblischen Aussagen dazu, z. B.
Römer 5
"6 Denn Christus ist schon zu der Zeit, als wir noch schwach waren, für uns Gottlose gestorben. 7 Nun stirbt kaum jemand um eines Gerechten willen; um des Guten willen wagt er vielleicht sein Leben. 8 Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren. 9 Um wie viel mehr werden wir nun durch ihn gerettet werden vor dem Zorn, nachdem wir jetzt durch sein Blut gerecht geworden sind. 10 Denn wenn wir mit Gott versöhnt worden sind durch den Tod seines Sohnes, als wir noch Feinde waren, um wie viel mehr werden wir selig werden durch sein Leben, nachdem wir nun versöhnt sind."
liegen nun mal auf dem Tisch. Da steht nicht „wegen uns gestorben“, sondern „für uns gestorben“.
Die EKD hat 2015 eine 194-seitige Denkschrift mit dem Titel „Für uns gestorben“ herausgebracht, wo die Thematik diskutiert wird. Anselm von Canterburys Ansatz wird dabei nicht verworfen, sondern nur als falsch interpretiert bezeichnet.
Die ganze Denkschrift ist für mich Teil der notwendigen Aufräumarbeit, die ich oben anspreche. Sie zeigt, dass diese Aufräumarbeit noch nicht abgeschlossen ist, und dass somit die Kirche beim Thema „Modernes Verständnis von Menschenwürde“ noch nachsitzen muss. Darum ging es mir bei Punkt 4.
Viele Grüße
Thomas
dass du die EKD-Schrift offenbar gelesen hast, unterscheidet dich sicher von den meisten evangelischen Christ*innen in Deutschland. Die Schrift stellt eine Entwicklung dar, die sich in der theologischen Forschung schon in einem Zeitraum von - ich würde sagen: mindestens 30 Jahren zuvor vollzogen hat und im Grunde auf Karl Barth zurückgeht. Insofern kommt dieser "Grundlagentext" ziemlich spät. Es dauert meist viel zu lange, bis sich theologische Entwicklungen bis in die Gemeinden hinein durchsetzen. Das alte Paradigma, das auf Anselm zurückgeht (auch wenn man ihn missverstanden haben mag), ist äußerst hartnäckig und hat sich in unzählbar vielen Köpfen festgesetzt. Insofern ist die "Aufräumarbeit noch nicht abgeschlossen", wie du schreibst, aber das ist wohl eher ein Problem der Hartnäckigkeit von einmal verinnerlichten Anschauungen (durchaus auch bei Teilen des Pfarrpersonals) als der Theologie.
Die EKD-Schrift vertritt tendenziell das, was ich oben schlagwortartig versucht habe zusammenzufassen. Leitende Kategorie soll nicht mehr das Moment der Strafe Gottes sein, sondern das seiner Liebe (S. 117). Diese vollzieht sich so, dass Gott selbst nicht nur der Richter, sondern auch der Gerichtete ist. Durch den Begriff "Gericht", der dann im selben Zusammenhang auftaucht, stellt sich aber doch wieder die Assoziation zur Strafe ein. Ich würde an dieser Stelle lieber von Gottes Liebe sprechen.
Das steht im Einklang mit den Versen aus Röm 5, die du zitiert hast; denn das "für uns" wird ja in Vers 8 dadurch konkretisiert, dass sich im Tod Jesu Gottes Liebe ereignet hat (vgl. auch Gal 2,20b und 1Joh 3,16). Gottes und Christi Leiden "für uns" besteht nach meinem Verständnis darin, dass sie nicht der (auch göttliches) Leid verursachenden Menschheit ein Ende setzen, indem sie eben diese Menschheit vernichten. Stattdessen tragen sie das Leid, das die Menschheit ihnen und ihren Geschöpfen macht, lassen aber die Menschheit leben. Mit anderen Worten: Sie erwählen die Menschen zum Leben und sich selbst zum Leiden und Sterben (das mag man dann "Gericht" nennen - es ist aber ein uns rettendes Gericht). Insofern ist ihr Leiden "wegen uns" (verursacht von uns) ein Leiden "für uns" (zugunsten von uns).
Viele Grüße und einen schönen Abend
Klaus
Das Politische ist eigentlich der Wissenschaft fremd. Die Vorstellung ist absurd, dass ein Gremium von Mathematikern beschließen könnte, dass in Zukunft das Verhältnis zwischen Umfang und Durchmesser eines Kreises nicht mehr 3.14.. sondern exakt 3 sein sollte. Insofern ist Mathematik methodisch nicht politisch. Selbst Politikwissenschaft sollte nicht politisch sein, und Theologie, sofern sie überzeugen will, sollte es in letzter Konsequenz auch nicht sein.
Gerade in unseren Zeiten der Pandemie erlebt man, dass sogar Wissenschaft politisch ist. Zwar mag es sein, dass Wissenschaftler keine originär politischen Absichten haben, zumindest dann nicht, wenn sie in ihrer Rolle als Wissenschaftler sprechen und wenn sie ihre Einschätzung zur Pandemie verlautbaren. Aber dennoch ist das, was sie verlautbaren, für das Gemeinwesen von größter Wichtigkeit, und das bezeichnet man dann als: politisch.
Mit der Theologie verhält es sich ebenso.