Verschwörungsmythen und Glaube
Klaus Straßburg | 14/02/2022
Die aktuellen Verschwörungsmythen zeigen: Keine Geschichte ist verrückt genug, als dass nicht viele Menschen an sie glauben würden. Nur um einige Beispiele zu nennen:
Es gibt keine Pandemie.
Covid-19 ist nur eine harmlose Grippe.
Wir leben nicht in einer Demokratie, sondern in einer Corona-Diktatur.
Mit der Impfung wird uns ein Chip eingepflanzt.
Das Judentum zieht im Geheimen die Strippen der Weltgeschichte.
Das deutsche Volk soll durch Migration ausgetauscht werden.
Die Liste der Verschwörungsmythen lässt sich fortsetzen. Es gab sie übrigens auch schon in früheren Jahrhunderten.
Wie kann man sich erklären, dass so etwas geglaubt wird?
Auf der Internetseite des MDR habe ich interessante Erklärungen dafür gefunden:
Durch einen Verschwörungsmythos gelingt es, die komplexe Wirklichkeit zu vereinfachen. Komplexe Zusammenhänge werden auf eine einfache Freund-Feind-Logik reduziert. Die Welt verliert so ihre schwer durchschaubaren Grautöne: Sie ist schwarz-weiß. Ein Feind, den man kennt, ist nicht mehr so bedrohlich. Und es tut gut, wenn er von einem selbst identifiziert wurde. Das gibt ein Selbstwert- und Überlegenheitsgefühl.
Findet man andere, die genauso denken, dann kann man sich auch gegenüber den vielen Unwissenden überlegen fühlen. Allen, die anders denken, kann man nicht mehr glauben – vor allem der Presse, den Journalisten, der Wissenschaft nicht. Denn sie sind, davon ist man überzeugt, von geheim agierenden demokratiefeindlichen oder jüdischen Kräften gesteuert.
Ein solches Denken befriedigt offensichtlich das Bedürfnis, die Welt zu verstehen und ihr nicht wehrlos ausgeliefert zu sein. Außerdem stiftet es Identität, weil man sich selbst auf der Seite des Guten wähnt, während die anderen auf der Seite des Bösen sind.
„Deswegen kommt man mit rationalen Argumenten nicht weiter. Man muss den Leuten alternative Angebote zum Umgang mit ihren Ängsten und Ohnmachtserfahrungen machen", so Marius Dilling, der an der Universität Leipzig zu demokratiefeindlichen Einstellungen forscht.
Über konkrete alternative Angebote zum Umgang mit Ängsten und Ohnmachtserfahrungen hat der Forscher nichts gesagt. Ich halte die christliche Botschaft für ein hervorragendes Angebot, mit Ängsten und Ohnmachtserfahrungen umzugehen.
Jesus gesteht uns Ängste zu. Er hatte selbst Angst. Aber er weist uns auch darauf hin, dass er die Welt mit all ihrer Bedrängnis und Trübsal besiegt hat (Joh 16,33). Was immer auch in dieser Welt geschieht – es kann uns nicht von dem trennen, der stärker ist als das, was uns bedroht. Wir mögen uns ohnmächtig fühlen – er ist es nicht. In seiner Hand sind wir geborgen.
Außerdem gibt uns der christliche Glaube das Gefühl, wertgeschätzt und anerkannt zu sein. Wenn auch nicht von Menschen, so doch von höherer Stelle. Auch dann, wenn wir uns schwach und unbedeutend fühlen, sind wir von Gott geliebt.
Es gibt zu denken, dass die Kirchen es offenbar immer weniger vermögen, diese Botschaft zu vermitteln.
Keine Geschichte ist verrückt genug, als dass nicht viele Menschen an sie glauben würden. Nur eine Geschichte mögen sie nicht glauben – die Geschichte von dem Gott, der in seiner Liebe zu den Bösen und Bedrohten stärker ist als alles Böse und Bedrohliche:
Dieser Gott liebt die Menschen so sehr, dass er ein Mensch unter Menschen geworden ist. Als dieser Mensch ließ er sich aus Liebe zu den Menschen ans Kreuz nageln. So ist er selbst schwach und unbedeutend geworden. Doch er hat die Schwachheit und Bedeutungslosigkeit überwunden, indem er den Tod und alles Bedrohliche überwand. Und weil er aus Liebe zu den Menschen dem Tod und allem Bedrohlichen die Macht genommen hat, gibt er denen, die diese Geschichte glauben, Stärke und Bedeutsamkeit.
Ich würde mir wünschen, dass viele Menschen diese – gar nicht so abwegige – Geschichte glauben können.
* * * * *
als ich den Titel deines Beitrags gelesen habe, habe ich gedacht: Dünnes Eis, ganz dünnes Eis!
Ich hatte vorher schon mal Vergleiche angestellt zwischen Verschwörungstheoretikern und eifrigen Glaubensvertretern und viele Ähnlichkeiten gefunden. Unter den von dir genannten Merkmalen finden sich auch einige solche Übereinstimmungen:
Komplexe Wirklichkeit vereinfachen. Check.
Reduzierung auf einfache Freund-Feind-Logik. Check (Satan vs. Jesus)
Von einem selbst identifizierter Feind. Check
Überlegenheitsgefühl ggü. Unwissenden. Check
Ignoranz gegenüber Wissenschaft. Check
Rationalen Argumenten nicht zugänglich. Check
Von außen nicht zu knacken. Check
Um nicht missverstanden zu werden. Der christliche Glaube ist weit mehr als ein Verschwörungsmythos. Aber trägt viele Elemente davon in sich, und zwar von Anfang an und bis heute. Von den Verbrechen der Kirche bis zur Reformation will ich gar nicht sprechen. Auch die evangelische Kirche hat genug davon in ihrem Erbe. Denk an Luther und seinen Tintenfasswurf, rezitiere das Lied "Ein feste Burg", denk an Luthers Antisemitismus, und du hast schon mehr als genug.
Wenn du das Christentum als Ausweg aus Verschwörungmythen bewirbst, dann kommt mir das vor wie der Entzug von Heroin mit Hilfe von Methadon.
Viele Grüße
Thomas
Du wunderst Dich, dass das Evangelium von so wenig Menschen angenommen wird. Zu den Gründen, wie ich sie sehe, gehört: sie lieben es nicht, an einen Gott zu glauben, der (vorübergehend) "schwach und unbedeutend geworden" ist, wie Du schreibst. Dafür sehen sie keine Notwendigkeit. Anderes kommt hinzu, was das Weiterleben nach dem Tode betrifft. Für die meisten, die ich kenne, ausgenommen die Gläubigen in der Gemeinde, ist es kein Thema, weder sozusagen am Kaffeetisch, noch in der Literatur, im Film und Fernsehen. Wenn ich bei passend erscheinender Gelegenheit erwähne, dass ich hoffe, meine verstorbenen Verwandten und Freunde wiederzusehen, reichen die Reaktionen von höflichem Schweigen bis zu erbittertem Widerstand.
Viele Grüße
Hans-Jürgen
danke für deine treffende Ergänzung. Es gibt ohne Frage Richtungen im Christentum, die einem Verschwörungsmythos nahekommen. Du hast ja die Elemente aufgeführt. Kein Wunder, dass z.B. Trump in den USA oder auch die AfD bei uns in bestimmten christlichen Kreisen großen Anklang finden. Man sieht daran, wie nahe sich "echter" Glaube und religiöse Verirrung sind - wobei sich wohl niemand von Verirrungen, die auch auf der anderen Seite des schmalen Grats des Glaubens drohen, ganz freisprechen kann.
Vielleicht kann man es so zusammenfassen: Der Irrtum lauert dort, wo man in ein simples Schwarz-Weiß-Denken oder ein ebenso simples "In der Nacht sind alle Katzen grau" abgleitet und eben dadurch Komplexität reduziert. Ein solches "Christentum" ist gewiss kein Ausweg aus Verschwörungsmythen. Was ich mir als Ausweg vorstelle, habe ich in den letzten Absätzen des Artikels angedeutet. Da geht es um den Gott, der in die Schwachheit und Bedeutungslosigkeit eingeht und sie gerade so überwindet. Ich hoffe, dass durch einen solchen Ansatz (der hier nur angedeutet ist) weder ein Schwarz-Weiß-Gegensatz aufgebaut noch alles in ein unterschiedsloses Grau getaucht wird.
Viele Grüße
Klaus
ja, da hast du einen wichtigen Punkt genannt: Es ist auch meine Erfahrung, dass sich an Jesus die Geister scheiden. Mit einem Gott, der als Mensch in der Welt lebte und litt, können viele Menschen nichts anfangen. "Gott", so meinen sie, müsste doch etwas Großes und Mächtiges sein. Dass Gott groß und mächtig ist, indem er sich aus Liebe zu uns klein und machtlos macht, wollen sie nicht hören. Ich denke, Menschen haben damit Schwierigkeiten, weil sie meinen, dieser sich hingebenden Liebe und Vergebung nicht zu bedürfen.
Dass die meisten Menschen auch von einem Leben nach dem Tod nichts wissen wollen, finde ich immer wieder erstaunlich. Eine bessere Botschaft für unser so begrenztes Leben gibt es doch gar nicht. Aber wahrscheinlich haben die erfahrungsbasierten Wissenschaften sich so sehr in den Köpfen verankert, dass man sich ein Leben, von dem wir keine Erfahrung haben, gar nicht mehr vorstellen kann. "Es ist noch keiner von dort (aus dem Jenseits) zurückgekehrt", diesen Satz habe ich unzählige Male gehört. Mit anderen Worten: Wenn wir einen gesehen hätten, der zurückgekehrt ist, dann könnten wir es glauben. Irgendwie ist das auch ein Schwarz-Weiß-Denken und eine Reduktion von Komplexität (siehe die beiden vorangehenden Kommentare), wenn man so denkt und fühlt.
Ich finde es mutig und gut, dass du trotzdem immer wieder das Thema ansprichst. Und ich denke, dass mancher sich später seine Gedanken darüber machen wird, auch wenn er zuerst heftig widersprochen hat.
Viele Grüße
Klaus
das offene Sprechen über die Hoffnung, eines Tages verstorbene liebe Menschen wiederzusehen, ist so eine Sache. Mich erinnert das an einen Großonkel, der immer wieder davon anfing, wie sehr er sich darauf freue, nach dem Tode seine verstorbene erste Ehefrau wiederzusehen. Dass das ein Affront gegen seine Tochter aus zweiter Ehe war, die sich um ihn kümmerte, schien ihm dabei nicht aufzufallen, als einzigem.
Eines Tages konnte seine Nichte, meine Tante, nicht mehr an sich halten, und fragte spitzfindig nach, wie das denn wohl wäre, wenn er im Himmel seine beiden Ehefrauen träfe. Ich habe sie damals innerlich dafür gefeiert. Erst viel später habe ich gelernt, dass diese Frage uralt ist und bereits Jesus von einem Sadduzäer gestellt wurde.
Viele Grüße
Thomas
wenn ich manche Äußerungen fundamentalistischer Christen z. B. aus dem amerikanischen Bible-Belt anhöre, wird mir ganz anders. Das ist gefährlich. Aber das Christentum ist vielschichtig. Neben negativen Verschwörungstheorien gibt es auch positive Versprechen mit ansonsten ähnlichen Eigenschaften, z. B. die Erlösung von Sünden oder ein Leben nach dem Tod. Man braucht sich nur taufen zu lassen und kräftig genug glauben, dann wird alles gut. Niemand kann das überprüfen, aber pragmatisch hat es durchaus Vorteile, so zu glauben. Und missionarisch ist es meinem Eindruck nach erfolgreich und war es von Anfang an.
Eine paar solcher Sätze kann man Leuten einprägen. Komplexe und differenzierte theologische Konzepte, die Tradition und Moderne irgendwie unter einen Hut zu bringen versuchen, schneiden da im Vergleich schlecht ab. Darin liegt eine gewisse Tragik.
Viele Grüße
Thomas
wie ich oben schon schrieb, ist wahrscheinlich alles schwierig, was auf ein Schwarz-Weiß-Denken hinausläuft, egal, ob es positive oder negative Botschaften sind. Wenn die Vergebung der Sünden und ein ewiges Leben an einem Schwarz-Weiß-Schema festgemacht wird (z.B. nur wer getauft ist und den rechten Glauben schon auf Erden hat, kommt in den Genuss der Vergebung und des ewigen Lebens), dann ist das nicht nur Reduktion von Komplexität, sondern auch ein Eingriff in Gottes Freiheit. Weitere Fragen (z.B. die Fragen, was denn rechter Glaube eigentlich ist oder was aus denen wird, die vor Jesus gelebt oder nie von ihm gehört haben) wurden und werden zwar in der Theologie diskutiert, aber von den betreffenden Christinnen und Christen gar nicht wahrgenommen, was auch einer Ignoranz gegenüber der Wissenschaft gleichkommt.
Empirisch überprüfbar sind Glaubensaussagen natürlich nie, was aber nicht bedeutet, dass sie falsch sind. Sie sollten sich aber immer der Komplexität des Problems stellen. Wenn das geschieht, dann kann auch der Glaubenssatz, dass für diejenigen, die sich taufen lassen und die – ich würde sagen: ernsthaft zu glauben versuchen, alles gut wird. Das ist zwar nicht empirisch überprüfbar, aber immerhin eine Verheißung Jesu.
Dass ein solcher Glaubenssatz einen Konflikt mit der säkularen Moderne bedeutet, ist sicher richtig. Würdest du denn sagen, dass man ihn deshalb nicht verwenden sollte? Oder sollte man ihn anders formulieren? Aber wie?
Viele Grüße
Klaus
spontan habe ich gedacht: ja, diesen Satz kann ich so mittragen. Nur an diesem "Alles wird gut" bleibe ich dann doch hängen. Das klingt so nach Kindergartentrost. Letztlich gefallen mir dann die traditionellen Formulierungen "Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe" und "Jesus Christus hat dem Tode die Macht genommen und das Leben und unvergängliches Wesen ans Licht gebracht" besser. Sie leugnen nicht den Tod, der eben oft und für viele nicht gut ist, aber sie bestreiten seine Macht.
Viele Grüße
Thomas
ja, "alles wird gut" kann schnell so missverstanden werden, dass das Ungute ausgeklammert und damit wieder Komplexität reduziert wird - im Sinne eines "alles ist gut". Dieses Missverständnis sollte, wenn man diesen Satz verwendet, verhindert werden. Danke für deine Anregung.
Viele Grüße
Klaus
Ein bekanntes und von Klaus wiederholtes Mantra von Niklas Luhmann lautet: Reduziere die Komplexität, in und mit der du jetzt kommunizierst. Spreche einfach aber nicht zu anspruchslose. Denke nach bevor du zu schnell schreibst. Denke nicht an die Aufmerksamkeit von anderen, sondern an die Geistesgegenwart eines, der an dich glaubt. Ich bin jetzt verantwortlich für die Art und Weise, wie ich lebe, denke und schreibe. Wie ich glaube, das habe ich nicht nur mir, sondern einer höheren Gnade zu verdanken. Luhmann fand dafür den abstrakten Ausdruck einer Beobachtung 2. Ordnung.
Ich kann vielleicht sagen: wer heute zu glauben versucht, der muss, wie alle anderen auch, hart an seinem Glauben arbeiten. Auch wenn uns vieles von Gott geschenkt worden ist und weiterhin geschenkt wird. Wir können uns aber nicht, wie bereits hier im Blog geäußert, auf die eher einfache Formel Alles wird gut verlassen. In dem Moment, in dem ich erkenne, dass mich ein Satz, eine Geste, ein Bild, ein Versprechen verändert hat, wird vielleicht alles Folgende anders - das ist mehr als ich von meinem Leben erhoffen kann und immer auch noch weniger als das, was immer noch kommen wird. Erst später im Leben begreift man, was Glauben in unserem, in meinem Leben ausmacht. Das man diese Einsicht erlangt, hat etwas mit meinem Gottes-Glauben zu tun, für den ich dankbar bin.
danke für deine wichtigen Fragen und Anmerkungen. Ich will versuchen, meine Gedanken dazu der Reihe nach darzulegen:
Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe (= auch wenn er stirbt): Ich verstehe diesen Satz Jesu so, dass das Leben in der Gemeinschaft mit Gott schon jetzt beginnt, wenn ein Mensch an Jesus glaubt, d.h. ihm vertraut, ihn ernst nimmt, die von ihm bewirkte Erlösung in Anspruch nimmt. Das geschieht irdisch sicher in aller Unvollkommenheit und Vorläufigkeit, aber es geschieht. Die Beziehung zu Gott ist dann begonnen, und sie wird nach dem Tod in „himmlischer", vollkommener Weise fortgesetzt. Diese Antwort ist in gewisser Weise komplex, weil das irdische Leben nicht mit dem himmlischen identisch ist. Diese Komplexität wird aber dadurch reduziert, dass wir uns über die Art und Weise des himmlischen Lebens keine großen Gedanken machen müssen, weil Gott dies alles schon für uns geregelt hat.
Wie kann jemand wie Jesus so zu mir sprechen, dass ich versuchen möchte ihn zu verstehen? Die Worte der Bibel sind zunächst einmal nur Buchstaben wie alle anderen Worte auch. Wenn aber Gott uns durch diese Buchstaben anspricht, dann bewegt das etwas in unserem Inneren. Das heißt auch, dass wir diese Worte so gut es geht verstehen möchten. Ich würde sagen, wenn ein Mensch die Worte der Bibel verstehen möchte, wirkt Gottes Geist in ihm und lässt ihm keine Ruhe, bis er die Worte verstanden hat oder inneren Frieden gefunden hat, auch wenn er sie nicht versteht. Dann – aber auch nur dann – würde das Wort Wittgensteins zutreffen. Im übrigen gilt bei allem, was wir nicht verstehen, das, was du selbst geschrieben hast: Mach dir selbst keine unnötige Angst ... Diese Einstellung reduziert zwar keine Komplexität, aber die unnötige Angst vor der Komplexität.
Wer heute zu glauben versucht, der muss hart an seinem Glauben arbeiten: Da drängt sich mir ein „Ja und Nein" auf. Einerseits erscheint mir das Wort „arbeiten" im Zusammenhang mit dem Glauben nicht ganz passend. Andererseits kann der Glaube uns schon ganz schön herausfordern, also fordern. Manchmal leben wir vielleicht in einem „festen Glauben" und es gibt keine Zweifel oder Anfechtungen. Dann wieder wird uns alles zweifelhaft, und wir haben viele Fragen, die uns das Glauben schwer machen. Dann beginn die „Arbeit" am Glauben. Das Neue Testament spricht manchmal vom Kampf des Glaubens. Und wirklich: Je fester unser Glaube wird, desto stärker kann er in die Krise geraten, kann angefochten und bezweifelt werden. Aber das soll uns nicht irritieren. Es muss offenbar so sein. Wir können uns dann in Gottes Hände fallen lassen und von ihm neue Glaubenskraft erbitten. Er wird uns dann gewiss nicht uns selbst überlassen, sondern unseren Glauben stärken – bis wir vielleicht sogar wieder sprechen können: „Bei Gott und mit seiner Kraft wird letztlich alles gut". Aber das ist kein leicht dahingesagter Satz, sondern ein schwer errungener: Ein Satz, der die Komplexität des Glaubens kennengelernt und durch sie hindurch zu so einem gar nicht komplexen Satz gelangt ist. Weil der Satz die Komplexität in sich aufgenommen hat, gilt für ihn, was du schreibst: Spreche einfach, aber nicht zu anspruchslos.
Insofern finde ich, dass der Glaube hilft, die Komplexität des Lebens zu reduzieren – aber nur so, dass er diese Komplexität in sich aufnimmt, verarbeitet und gerade so zu einem weniger komplexen Leben findet, das sich aber immer wieder neu der Komplexität des Lebens stellen muss.
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