Schönheit in der Ödnis
Klaus Straßburg | 02/10/2021
Diese leuchtend grüne Raupe begegnete mir vor einigen Tagen auf einem Wanderweg. Sie stach mit ihrer Farbe auf dem grauen Schotterweg geradezu unübersehbar ins Auge.
„Was für ein schönes Geschöpf!" dachte ich auf Anhieb und machte ein Foto.
Der Weg war etwa 2 Meter breit, die Raupe nur 4 Zentimeter lang. Sie schob sich langsam von einer Seite des Wegs zur andern hinüber.
Ein steiniger, mühsamer, grauer Weg, für die Raupe geradezu eine Wüste ohne Nahrung und Wasser.
Und dennoch glänzte sie in ihrem leuchtenden Grün.
Noch dazu war der Weg nicht ungefährlich. Wanderer wie ich, Mountainbiker oder Motorfahrzeuge hätten dem Leben der Raupe ein jähes Ende bereitenkönnen.
Ich dachte weiter: Manchmal fühlen wir Menschen uns auf unserem Lebensweg so: Alles ist grau, steinig, mühsam. Eine Wüste, die kein Ende nehmen will und in der wir vieles entbehren müssen.
Wir fühlen uns überfordert, überflüssig, unausgefüllt, gefährdet, unwissend bezüglich dessen, was kommen wird.
Und doch sind wir für Gott solch leuchtende, schöne Geschöpfe! Wir sind Wesen, die ihm ins Auge stechen, an denen er seine Freude hat und die er fürsorglich bewahren will – gerade auch dann, wenn wir durch eine endlos erscheinende Wüste wandern müssen.
Schönheit ist nur oberflächlich betrachtet eine Eigenschaft, die man hat oder nicht hat. In Wahrheit entsteht sie immer aufs Neue durch Liebe.
Ich möchte mich stärker so sehen: Ich bin ein in Gottes Augen geliebtes, schönes, leuchtendes Wesen, auch wenn mein Lebensweg voller Hindernisse, Gefahren, Mühsal und Ödnis ist.
* * * * *
Ich freu' mich, dass er glaubt und denkt,
dass Gott ihn liebt und leitet, lenkt;
mir ist es nicht gegeben.
Von Gott, ich weiß, hab' ich das Leben,
und Er nimmt es zurück im Tod;
doch komme ich mit andren Themen
beim Glauben manches Mal in Not.
Muss ich mich deshalb schämen?
vielen Dank für dein schönes und ehrliches Gedicht, das ich fürs erste so beantworten möchte:
Hans-Jürgen
Die Not, die er beschreibt, die kenn' ich,
und Zweifel sind mir auch nicht fremd.
Es ist ein gutes Omen, denk' ich,
dass er sie offen hier bekennt.
Dass Gott uns liebt und führt durchs Leben,
ist unsern Augen strikt verborgen.
Viel Leid begleitet unser Streben
und schafft uns immer wieder Sorgen.
Wir können ja den Gott nicht sehen,
der jedes Haupthaar von uns zählt.
Drum kann der Glaube nur bestehen,
der ohne Seh'n Vertrauen wählt.
Doch ist vom Wählen leicht zu raunen,
wenn sich der Glaube stellt nicht ein.
So bleibt nur, ganz auf IHN zu bauen
und Glauben zu erbitten fein.
Wer dies tut, muss sich nicht genieren,
denn Gott wird zum Demüt'gen steh'n.
Und ER wird sich gewiss nicht zieren,
ihn reich mit Glauben zu verseh'n.
auch wenn es nur final den Einen gibt.
Und wie es scheint, ist der leuchtend grünen Raupe ein sehr liebevoller Gott begegnet und hatte nur ihr Bestes im Sinn. Wollen wir hoffen, dass die Raupe positiv und gut über diesen Gott denkt und dankbar ist, statt ihm bei der Hilfsaktion etwas Negatives und Böses zu unterstellen. :-)
Die Zeilen "Drum kann der Glaube nur bestehen, ..." berühren Joh20,29: "Selig sind, die nicht sehen und doch glauben, ..."
In der Bibel, d. h. einer Zusammenfassung dessen, was Menschen früherer, weit zurückliegender Generationen glaubten, kommt Gott stellenweise sehr schlecht weg, indem er als rachsüchtig und extrem grausam beschrieben wird ( z. B. bei Hes 5, 9 und 25 sowie in den sog. Fluchpsalmen).
Dagegen ist es gut, andere Bibelstellen zu kennen und zu versuchen, nach ihnen zu leben.
Viele Grüße
Hans-Jürgen