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Reich Gottes - die Gegenwart der Zukunft

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Veröffentlicht von in Theologie verständlich · 27 Juni 2023
Tags: Reich_GottesGeistLeidHoffnungUmkehrWirklichkeit

Reich Gottes – die Gegenwart der Zukunft
Was ist das Reich Gottes? (Teil 3)
Klaus Straßburg | 27/06/2023

Dürfen wir einmal träumen? Die Menschheit rauft sich zusammen. Kriegführen wird weltweit geächtet, Rüstungsausgaben minimiert. Die eingesparten Mittel werden für den gemeinsamen Kampf gegen den Klimawandel eingesetzt. Es gibt tatsächlich Superreiche, die Millionen für Hungernde zur Verfügung stellen. Daraus entsteht eine Bewegung, der sich Unzählige anschließen und aus ihren Ersparnissen etwas abgeben. So werden lebenswerte Verhältnisse in den armen Ländern geschaffen, so dass die Zahlen der Flüchtlinge gegen Null gehen.

Leider gibt es noch Gewalt. Es gibt zwar genug Geld für vorbeugende Programme, schon unter Jugendlichen. Doch unverbesserliche Gewalttäter müssen zum Schutz der Menschheit inhaftiert werden. Immer wieder flammen auch Kriege auf. Doch der Druck der Weltgemeinschaft auf die Kriegführenden ist groß. Sie werden geächtet und vom Handel ausgeschlossen. Die internationale Gemeinschaft sucht in jedem aufbrechenden Konflikt nach Kompromissen. Formen gewaltfreier Verteidigung werden eingeübt.

Dennoch ist die Welt kein Paradies. Doch Kranke werden mit den bestmöglichen Mitteln behandelt, unabhängig von ihrem Vermögen. Auch in den armen Ländern entstehen modernste Kliniken, die für alle da sind. Wer nicht leistungsfähig ist, muss dennoch nicht um seinen Lebensunterhalt bangen. Alle Zukunftsplanungen orientieren sich an den Schwächsten der Gesellschaft, nicht am Profit. Die Städte werden grüner, niemand muss in Mülleimern wühlen. Das Geld dient den Menschen, nicht die Menschen dem Geld.

Die Kirchen verzichten auf einen großen Teil ihrer Besitztümer zugunsten einer menschlicheren Welt. So werden sie zu glaubwürdigeren Zeugen Jesu Christi und seines Reiches.

Alles nur ein Traum? Vielleicht. Aber einer, der das zukünftige Reich Gottes ansatzweise vorwegnimmt, so dass es schon jetzt ein Stück weit Wirklichkeit wird.

In der Person Jesu hat sich das Reich Gottes schon verwirklicht. Jesus hat sich den Armen und Verachteten zugewandt und Kranke geheilt. So hat er das Böse, das Lebensfeindliche besiegt. Er hat den Sündern ihre Sünde vergeben und sie durch seine Worte ins Nachdenken gebracht. Bei ihm bekamen alle eine neue Chance. Jesus hat sie aufgerufen, seinem himmlischen Vater zu vertrauen und ihr Leben auf ihn zu gründen. Wer das tat, machte sein Leben nicht an sich selbst und der eigenen Macht fest. So hat Jesus seine Liebe konsequent gelebt bis hin zum eigenen Leiden und Sterben.

Doch mit seinem Tod war das Reich Gottes nicht am Ende. Der Tote wurde von den Toten auferweckt und erschien seinen Freundinnen und Freunden. Deshalb gibt es Menschen, die den Tod für besiegt halten. Als Jesus ging, hinterließ er den Seinen den göttlichen Geist. Dieser Geist macht Unmögliches möglich. Er befähigt Menschen, umzukehren von den Wegen der Gottlosigkeit und Gewalt. Er legt ganz normalen Menschen Worte in den Mund, die andere bewegen und überzeugen. So bringt er das Evangelium zu allen Völkern der Welt.

Durch Gottes Geist geschieht es, dass Menschen überzeugt werden und ihr Leben umkrempeln. Wo Hass regierte, wird überraschend Liebe möglich. Wo Leid ist, keimt eine unbezwingbare Hoffnung. In den Beziehungen von Menschen geschieht Wunderbares: Man hört einander zu, man fühlt sich ein, man lernt von den Andersdenkenden. Einsame bekommen das Gefühl vermittelt, dass sie verstanden werden. Solche Liebe vollzieht sich oft hinter dicken Mauern, in den "kleinen" Ereignissen der Zuwendung, des gemeinsamen Weinens, der Zärtlichkeit, die nicht an die Öffentlichkeit dringen. Aber immer wieder geschieht es auch, dass völlig unerwartet Völker zueinander finden und Mauern gewaltlos durchbrochen werden. Das Reich Gottes setzt sich durch.

Natürlich gibt es auch noch das andere: Krankheit, Tod, Verzweiflung, Gottlosigkeit und Gewalt. Das Reich Gottes setzt sich offensichtlich nicht überall und allezeit durch. Auch das Böse tritt machtvoll auf den Plan. Es gibt noch abgrundtief Böses, geradezu Teuflisches in der Welt. Darum stellte man sich das Böse zu Jesu Zeiten in der Gestalt von Dämonen vor. Dass das Reich Gottes schon mitten unter uns ist, wie Jesus sagte (Lk 17,21), zeigt sich also nicht darin, dass es nichts Böses mehr gibt. Es zeigt sich aber darin, dass das Böse der Macht Jesu hoffnungslos unterlegen ist. Jesus hat die Dämonen, also das Böse, besiegt. Er hat gesagt (Mt 12,28):

Wenn ich durch den Geist Gottes die Dämonen austreibe, so ist das Reich Gottes zu euch gekommen.

Wer das abgrundtief Böse austreiben kann, hat die letzte Macht. Das Böse hat den Kampf also schon verloren. Sogar der Tod hat seit Jesu Auferstehung keine letzte Macht mehr über uns.

Als Jesus nach Joh 18,36 sagte "Mein Reich ist nicht von dieser Welt", sprach er über die Herkunft des Reiches, nicht über den Ort, an dem es sich verwirklicht. Das Reich Gottes kommt von Gott her, keine Frage. Aber es verwirklicht sich nicht nur später im "Himmelreich", sondern auch schon jetzt in unserer Welt.

Dennoch quält uns das Böse noch. Es ist zwar besiegt, aber noch nicht ausgerottet. Darum ist Gottes Reich nicht nur eine gegenwärtige Größe, sondern auch eine zukünftige: Seine Vollendung, seine alles umfassende und für alle sichtbare Verwirklichung steht noch aus. Es gibt schon partielle Verwirklichungen des Reiches Gottes, aber es gibt noch nicht die eine umfassende Verwirklichung. Auf sie müssen wir noch hoffen.

Die christliche Hoffnung sagt nicht "Ich weiß nicht, ob es geschehen wird", sondern sie sagt: "Ich bin gewiss, dass es geschehen wird". Sie vertraut darauf, dass Gott seine Verheißungen erfüllen wird. Was sich mit Jesus bereits ereignet hat, was heute nur partiell geschieht, das wird unsere Zukunft sein: Der Tod wird überwunden sein, Gewalt und Unrecht werden ein Ende nehmen. Schließlich wird es keine Krankheit und kein Leid mehr geben. Die Saat ist schon gelegt und aufgegangen, und es ist nur noch eine Frage der Zeit, wann ein wunderbarer Baum daraus geworden ist (Mt 13,31f).

So ist das Reich Gottes ansatzweise und partiell bereits gegenwärtig, umfassend und unangefochten aber noch zukünftig. Wo schon jetzt lebenswürdige Verhältnisse geschaffen werden, wo der Gewalt abgesagt wird und den Elenden Gerechtigkeit widerfährt, da ist Gottes Reich schon zu uns gekommen. Es ist zum Greifen nah, kann aber nicht festgehalten und fixiert werden (Lk 17,20f). Es ist kein machbarer Zustand, sondern eine punktuell sich ereignende Wirklichkeit – eine Wirklichkeit, die nicht empirisch festgemacht, aber mit den Augen des Glaubens gesehen werden kann.

Die Gegenwart des Reiches Gottes sagt uns: Die Macht des Bösen ist schon gebrochen. Darum gibt es Hoffnung, was immer auch geschieht, und es gibt niemals einen Grund, die Hoffnung aufzugeben. Denn die Zukunft hat schon begonnen.


* * * * *



Verwendete Literatur:
  • Jürgen Moltmann: Wer ist Christus für uns heute? Chr. Kaiser / Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1994. S. 21.
  • Die Bedeutung der Reich-Gottes-Erwartung für das Zeugnis der christlichen Gemeinde. Votum des Theologischen Ausschusses der Evangelischen Kirche der Union. Neukirchener Verlag, Neukirchen-Vluyn 1986. S. 57-65.102-104.107f.

Foto: Klaus Straßburg.




6 Kommentare
2023-06-28 16:58:50
Hallo Klaus,

nach dem Lesen deiner Vision am Anfang habe ich mich gefragt: Wo bleibt die Wirtschaft? Wer macht die Arbeit? Wer sorgt für Innovation und mit welcher Motivation? Kurzfristig und langfristig?

Selbst wenn der Mensch an sich gut ist und jeder nach seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten arbeitet: wer leert freiwillig die Mülltonnen und putzt die Toiletten, weil er darin seine Berufung sieht?

Viele Grüße

Thomas
2023-06-28 19:15:02
Hallo Thomas,

ich habe die Wirtschaft nicht als einen Problembereich behandelt (im Gegensatz zu Krieg, Gewalt, Armut, Krankheiten etc.), darum kommt sie in der kurzen Vision nicht direkt vor. Sie kommt aber indirekt vor, wenn ich von modernen Kliniken spreche sowie von Zukunftsplanungen und grüneren Städten, also durchaus als positiver und innovativer Faktor.

Mit dem Wühlen in Mülltonnen meinte ich diejenigen, die nach leeren Flaschen oder Nahrungsresten suchen, wie man es ist fast allen Städten mittlerweile sieht. Das sollte in einer Gesellschaft, die sich dem Anbruch des Reiches Gottes verschrieben hat, nicht mehr nötig sein.

Viele Grüße
Klaus
2023-06-28 22:45:44
Hallo Klaus,

mir ging es auch nicht um Wirtschaft als einen Problembereich, was sie durchaus sein kann, sondern um Wirtschaft als quasi den Motor eines Autos. Ohne Motor kannst du ein Auto ausstatten, wie du willst, es fährt nicht. Und irgendeiner muss das erwirtschaften, was nachher verteilt werden soll.

Beim Alten Testament fallen mir zu Arbeit sofort Sprüche ein wie "Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen" oder "ist's köstlich gewesen, so ist's Mühe und Arbeit gewesen", Jesus dagegen ist über so pragmatische Dinge erhaben "Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes, so wird euch alles andere zufallen." Insoweit bist du in bester Tradition. Aber was für ein Häuflein Wanderprediger funktionieren mag, geht bestimmt nicht mehr in einer größeren Gesellschaft. Dort wird Arbeit, auch unangenehme gebraucht, und ebenso Wirtschaft.

Viele Grüße

Thomas
2023-07-03 12:45:26
Lieber Klaus

Ich erinnere mich gerade an das Bibelbuch der Offenbarung Kapitel 21. Mögen wir alle das Böse mit den Mitteln des Guten mutig und opferbereit überwinden, indem wir erneuert, veredelt, heilig, rein werden und tauglich sind, damit wir dort hineinkommen dürfen wohin wir gehören, mit all denen die die vielen verteilten Einladungen gerne wohlgefällig annehmen.
2023-07-03 15:10:46
Hallo Thomas,

ich stimme dir zu: Ohne Arbeit geht es nicht - und Arbeit ist nicht immer angenehm. Aber das Reich Gottes ist auch kein Schlaraffenland, sondern eine Welt mit Freude und Leid, in der die Freude, so gut es unter irdischen Verhältnissen möglich ist, das Leid überwiegt. Oder anders gesagt: in der einer dem anderen möglichst wenig Leid zufügt und die Strukturen möglichst menschlich sind. Ich denke, dann wäre auch das Arbeitsleben weitaus erfreulicher. Denn die meisten Ärgernisse entstehen meiner Erfahrung nach durch die zwischenmenschlichen Verhältnisse oder durch unmenschliche Strukturen.

Viele Grüße
Klaus
2023-07-03 15:20:54
Lieber Pneuma,

Offb 21 ist ein sehr schönes Kapitel. Ich würde mir wünschen, dass möglichst viele Menschen sich von Gott überwinden, erneuern, veredeln, heiligen, reinigen und tauglich machen lassen - all das, was sie aus eigener Kraft nicht vermögen. Und das alles mit dem Ziel, das Leid einzudämmen, den Elenden beizustehen und ein glaubwürdiges Zeugnis der Liebe Gottes abzulegen, damit das Leben lebenswert sei, das Reich Gottes schon jetzt sichtbar und fühlbar werde und viele der Einladung in das ewige Reich folgen mögen.
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