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Hoffnung in Zeiten des Krieges |55

Christsein verstehen
Veröffentlicht von in Hoffnung in Zeiten des Krieges · 15 September 2022

Dass der Krieg ein Verbrechen ist, das wagen heute auch die nicht mehr zu bestreiten, die noch an seine "Unvermeidlichkeit" glauben. Sie sind nur der Meinung, dass immer der Gegner es sei, der dies Verbrechen verursache. Erst wenn wir erkennen, dass wir alle diese Verbrecher sind durch den Glauben an diese Unvermeidlichkeit, erst dann werden wir mit Erfolg die Wege beschreiten, die dieses größte Verbrechen der Menschheit an der Menschheit selbst auszulöschen vermögen.

Helene Stöcker (1928)


Helene Stöcker war eine deutsche Frauenrechtlerin und Pazifistin. Sie lebte von 1869-1943.

Wohl die meisten Menschen würden auch heute sagen, dass der Krieg ein Verbrechen ist. Die wenigsten aber würden sagen, was Helene Stöcker meinte: dass auch der Glaube an die Unvermeidlichkeit des Krieges ein Verbrechen ist.

Wer den Krieg für unvermeidlich hält, hat vor der menschlichen Bosheit kapituliert. Christinnen und Christen aber kapitulieren nicht vor der Bosheit, sondern hoffen auf ihre Überwindung.

Vollkommen überwunden sein wird die Bosheit erst in Gottes neuer Welt. Doch wirkt Gott gegen die Bosheit nicht erst in seinem jenseitigen Reich. Sein Reich ist bereits in dieser Welt angebrochen. Darum gibt es keinen Grund, vor der Bosheit zu kapitulieren. Es gibt aber allen Grund, sich von Gott im Kampf gegen diese Bosheit in Dienst nehmen zu lassen.

In der Kraft Gottes wird das Unmögliche möglich und das vermeintlich Unvermeidliche vermeidbar.


Quelle: Margot Käßmann / Konstantin Wecker (Hg.): Entrüstet euch! Warum Pazifismus für uns das Gebot der Stunde bleibt. Texte zum Frieden. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2015, S. 7. Die Orthographie wurde der neuen deutschen Rechtschreibung angepasst.




2 Kommentare
2022-09-16 17:33:22
Hallo Klaus,

1928 wurde der Krieg völkerrechtlich geächtet, wohl immer noch unter dem Eindruck des 1. Weltkriegs. Das war gut und richtig. Aber was hat es genützt? Wie hätte Polen sich 1939 verhalten sollen, damit es nicht von Hitlers Deutschland überfallen wird? Wir hätten die US-Amerikaner sich im verhalten sollen? Sie wollten sich nicht am 2. Weltkrieg beteiligen, kamen aber anscheinend doch nicht umhin. (div. Kriege div. Parteien von 1945-2022). Wie hätte die Ukraine sich verhalten sollen, um nicht von Putins Russland überfallen zu werden? Dieser Krieg wäre immer noch vermeidbar gewesen, wenn sie sich nicht gewehrt hätte, sondern der 'Spezialoperation' Russlands durch Handeln auf diplomatischem Wege begegnet wäre. Wohl schon, aber damit hätte Russland gewonnen. Schafft man Krieg ab, indem man ihn als militärische Spezialoperation bezeichnet? Wohl kaum.

Stempele ich mich selber zum Verbrecher ab, indem ich Krieg in manchen Fällen für unvermeidlich halte? Nein.

Glaube ich, dass Helene Stöckers Ansatz zur Abschaffung von Kriegen führt? Nein.

Viele Grüße

Thomas
2022-09-16 19:12:27
Hallo Thomas,

ich halte den Krieg auch in manchen extremen Fällen für unvermeidlich - leider. Das ist aber etwas anderes, als ihn prinzipiell für unvermeidlich zu halten. Es ist auch ein Unterschied, ob man den Krieg so gut es geht zu vermeiden versucht oder ob man (auch aus eigenen machtpolitischen Erwägungen heraus) allzu schnell bereit ist, sich an ihm zu beteiligen.

Die Abschaffung von Kriegen halte ich auch nicht für möglich, weil die menschliche Bosheit nicht abgeschafft werden kann. Das habe ich ja auch oben geschrieben. Ich würde aber bei einem Angriff immer das Äußerste versuchen, den Krieg zu stoppen. Dazu gehört es auch, die Motive des Angreifers zu ergründen und ihnen soweit wie möglich entgegenzukommen, weil es um das Leben tausender und das Lebenswerk zigtausender Menschen geht. Auch das wird den Krieg nicht immer beenden können.

Ich frage mich mehr und mehr, ob man sich überhaupt auf die Logik des Krieges einlassen sollte, aufgrund derer man wohl in jedem Fall früher oder später dahin gelangt, dass man sich zumindest im Extremfall mit Waffengewalt wehren muss, oder ob man die Logik der Liebe walten lassen sollte, die es in jedem Fall vorzieht, selber Leid auf sich zu nehmen, anstatt Leid zuzufügen. Dabei stellt sich aber wieder die Frage, ob man anderen, die nicht bereit sind, Leid auf sich zu nehmen, nicht zu Hilfe kommen muss. Entspricht es der Logik der Liebe, anderen zu Hilfe zu kommen, indem man wieder andere tötet? Oder entspricht es eher der Logik der Liebe, anderen nicht zu Hilfe zu kommen, aber wieder andere auch nicht zu töten?

Was den Ukraine-Krieg betrifft, wird bei uns in fast allen Debatten so getan, als habe die Geschichte am 24. Februar mit dem Angriff auf die Ukraine begonnen. So bleibt als der "Böse" nur Putin, der den Angriff befahl. Davor gab es ja quasi nichts. Aber das ist nicht wahr. In den drei Jahrzehnten wurde vom "Westen" viel getan, was auch von westlichen Polit-Profis äußerst kritisch beurteilt wird. Das müsste auch aufgearbeitet werden. Denn der Friede ist der Ernstfall, d.h.: In Friedenszeiten muss alles dafür getan werden, dass ein Krieg gar nicht erst ausbricht. Das ist meiner Meinung nach nicht geschehen.

Viele Grüße
Klaus

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