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Gott wirbt um uns

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Veröffentlicht von in Theologie to go · 1 Juni 2024
Tags: GleichnisLiebeVergebungSchöpfung

Gott wirbt um uns
Klaus Straßburg | 01/06/2024

Auf einer Radtour vor ein paar Tagen stand ich plötzlich vor einem Gehege mit Hühnern, Gänsen, Rehen – und drei Pfauen, die ich zuerst gar nicht bemerkt hatte, ein männlicher Pfau und zwei weibliche Pfauen. Ich war im richtigen Moment gekommen. Denn es dauerte nicht lange, da stellte der männliche Pfau sein prächtiges Federkleid auf und begann eine Balz um die beiden Weibchen. Er zeigte seine Federn in all ihrer Schönheit, drehte sich im Kreis, tanzte vor den Weibchen – die allerdings wenig Interesse an ihm zeigten. Sie widmeten sich ihrem Fressen, das ihnen wichtiger war als der Kontakt mit dem Männchen.

Ich beobachtete die Balz etwa 15 Minuten und machte mehrere Fotos. So deutlich und anhaltend hatte ich noch keine Balz eines Pfaus gesehen. Schließlich setzte ich meine Radtour fort.



Ungefähr 30 Minuten später kam ich auf der Rückfahrt wieder am Gehege vorbei. Und ich staunte nicht schlecht, als der Pfau immer noch bei seiner Balz war. Er strengte sich also richtig an, ließ nicht locker, warb anhaltend darum, dass eins der beiden Weibchen seine Zuwendung erwiderte. Die Weibchen aber schienen immer noch so wenig Lust dazu zu haben wie eine halbe Stunde zuvor.

Ich weiß nicht, wie die Geschichte ausgegangen ist; ob eins der Weibchen dem Pfau noch Aufmerksamkeit geschenkt hat. Aber in mir blitzte der Gedanke auf: So ein beharrliches, geduldiges Werben gleicht dem Werben Gottes um uns. Er lässt so schnell nicht nach, lässt sich auch durch unser Desinteresse nicht von seiner Liebe zu uns abbringen. Wenn wir ihm die kalte Schulter zeigen, bittet er weiterhin darum, dass wir auf seine Liebe eingehen. Wenn unser Bauch uns wichtiger ist als Gott (Phil 3,19), tut das seiner Liebe keinen Abbruch. Er gibt seine Liebe zu uns nicht auf, auch wenn wir sie ablehnen, sondern er bemüht sich weiterhin geduldig um uns.



Natürlich ist die Liebe des Pfaus etwas anderes als Gottes Liebe. Aber dass Gott um uns wirbt, dass er anhaltend darum bittet, uns auf eine Beziehung zu ihm einzulassen, ist biblische Wahrheit. Darum schrieb Paulus (2Kor 5,20):

Wir bitten an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott!

Wenn Paulus und seine Mitchristen anstelle von Christus darum bitten, dass Menschen sich mit Gott versöhnen lassen, heißt das: Auch Christus bittet darum, übt also keinen Druck aus und macht keine Angst zu machen.

Dass Christus, dass Gott bittend um uns wirbt, bedeutet: Er zwingt uns nicht, er droht uns nicht, er maßregelt uns nicht. Er wartet darauf, dass wir in großer Freiheit und ohne jede Angst seine Zuwendung erwidern.

Der Pfau zeigte sich bei der Balz in seiner ganzen Pracht. Nach dem Neuen Testament können wir auch Gottes Pracht sehen. Wir sehen nicht Gottes Körper, sehen keine Lichtgestalt oder etwas ähnliches. Wir können Gottes Pracht und Herrlichkeit überhaupt nicht mit unseren Augen sehen. Aber wir können sie im Glauben sehen.

Was aber ist Gottes Herrlichkeit, die wir im Glauben sehen können? Im Johannesevangelium heißt es (Joh 1,14):

Das Wort [Gottes] wurde Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit, wie sie der einzige [Sohn] von seinem Vater hat, voller Gnade und Wahrheit.

Gottes Herrlichkeit ist keine glänzende Gestalt, keine Ausgeburt körperlicher Schönheit. Gottes Herrlichkeit ist der Mensch Jesus Christus, der Verfolgte, Verachtete und Hingerichtete. Denn im Leben, Leiden und Sterben Jesu zeigte sich die zuverlässige und unendlich geduldig um uns werbende Liebe Gottes. Auch wenn wir diese Liebe ignorieren, ja ihr widerstehen, lässt Gott uns nicht fallen. Ja, er fällt lieber selber dem Tod anheim und hält gerade so an seiner Liebe fest.

Wem das zu theoretisch ist, der richte seine Augen auf die Herrlichkeiten der Schöpfung (und nicht immer nur auf deren Grausamkeiten). Ich muss die Wunder der Schöpfung nicht aufzählen. Wir können sie mit unseren eigenen Augen sehen.



Und wir wissen auch um die Herrlichkeiten unseres persönlichen Lebens (auch wenn es Vieles gibt, worunter wir gelitten haben und jetzt noch leiden). Jeder weiß um das Gute, das ihm im Leben auch widerfahren ist. Wenn wir uns nicht nur auf die unerfüllt gebliebenen Wünsche und das Leid konzentrieren, das uns widerfahren ist, dann steht uns das Geglückte unseres Lebens vor Augen.

Jedenfalls dann, wenn wir nicht hauptsächlich mit Fressen beschäftigt sind – ich meine: mit der Befriedigung unserer oberflächlichen Bedürfnisse, mit dem Streben nach immer mehr, mit unserer Unersättlichkeit. Wenn wir nicht nur dem Materiellen leben und uns noch einen Sinn bewahrt haben für das Immaterielle, für Gott, für seine Liebe zu uns, dann scheint das Schöne und Lebenswerte in uns auf, das auch zu unserem Leben gehört.

In solchen Momenten spüren wir wohl alle, dass es eine Macht der Liebe geben muss, dass all die Wohltaten der Schöpfung und unseres Lebens nicht bloßer Zufall sein können. Wir spüren eine uns zugewandte Liebe – und es liegt an uns, ob wir auf ihr Werben eingehen.


* * * * *


Fotos: Klaus Straßburg.




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